Mehr Ruhe auf Schalke nach Premierensieg
Bremen (dpa) - Jens Keller wirkte enorm erleichtert. Ausgerechnet eine Rumpfelf hat dem Coach des FC Schalke 04 ein paar entspanntere Tage beschert. Geplagt von Verletzungssorgen und Spielersperren rettet sich der Revierclub derzeit durch die englischen Wochen in der Fußball-Bundesliga.
Durch die Personalmisere liegt das Schicksal des permanent in der Kritik stehenden Trainers notgedrungen in den Händen zahlreicher Ersatzspieler. „Das war für die Moral der Truppe und des ganzen Vereins enorm wichtig. Das zeigt, welche Qualität die Mannschaft hat, trotz der Probleme die wir haben“, sagte der gelöste Coach nach dem 3:0-Sieg bei Werder Bremen.
Doch die Freude über den ersten Dreier in der Bundesliga nach Toren von Max Meyer (48.), Roman Neustädter (51.) und Tranquillo Barnetta (85.) war schnell abgehakt. Am Samstag steht für die Schalker eines der wichtigsten Spiele des Jahres an, zum 167. Revierderby kommt Borussia Dortmund in die heimische Arena. „Das Stadion wird beben“, sagte Torhüter Ralf Fährmann. „Dafür muss ich die Mannschaft nicht pushen. Das ist das größte Derby, das es in Deutschland gibt“, betonte auch sein Trainer.
Dabei weiß Keller, dass eine Niederlage gegen Dortmund seine kurzfristig komfortable Situation wieder zunichtemachen könnte. Kein anderer Bundesliga-Coach scheint derart von Ergebnissen abhängig wie der 43-Jährige. Das ist erstaunlich: Immer wieder müssen Schalkes Spieler nach Niederlagen Fragen über ihren Trainer beantworten, immer wieder heben sie die fruchtbare Zusammenarbeit hervor. Zudem schaffte Keller mit dem Traditionsclub zum dritten Mal hintereinander die Qualifikation für die Gruppenphase der Champions League - Vereinsrekord. Und dass Schalke selbst mit einer B-Elf in der Königsklasse zu Erstaunlichem fähig ist, bewies man jüngst mit dem 1:1 beim FC Chelsea. Trotzdem wird der Druck auf den Ex-Profi auch nach dem furiosen Premierensieg in Bremen nicht so schnell abnehmen.
Unangenehme Fragen musste sich nach dem Spiel aber ausnahmsweise nur Kellers Gegenüber stellen lassen. Robin Dutt kassierte mit Werder die zweite Niederlage in Folge und wartet nach fünf Spielen weiter auf das erste Erfolgserlebnis der Saison. Im Zentrum der Kritik steht wie so oft in den Vorjahren die Defensive. 13 Gegentore nach fünf Partien sind der schlechteste Wert seit 47 Jahren: Einzig in der Saison 1967/68 hatte Werder zum selben Zeitpunkt noch mehr Tore kassiert.
Zwar musste Abwehrchef Sebastian Prödl dem 49-Jährigen kurz vor dem Spiel wegen einem Magen-Darm-Virus absagen, der auch Kapitän Clemens Fritz und Nils Petersen außer Gefecht gesetzt hatte. Als Ausrede ließ Dutt das aber nicht gelten. Der Trainer war im vergangenen Jahr mit der Mission angetreten, die Defensive zu stabilisieren.
Verbesserungen gibt es seither kaum. „Es hapert am Zweikampfverhalten, das seit 15 Monaten Bestandteil des Trainings ist“, monierte ein ratloser Dutt: „Diese Aussetzer bringen uns immer wieder um unseren Lohn. Das ist ein Bereich, den wir bisher nicht annähernd in den Griff bekommen, egal in welcher mannschaftlichen Zusammensetzung.“