Nürnberg nach 96-Aufholjagd stocksauer
Hannover (dpa) - So nahe war der 1. FC Nürnberg dem ersten Saisonsieg noch nie. Nur mit Mühe konnte Per Nilsson zurückgehalten werden. Außer sich vor Wut schrie der Verteidiger den Schiedsrichter an.
Thorsten Kinhöfer war für den „Club“ der Buhmann, weil er eine klare Abseitsposition übersehen und so wesentlichen Anteil an einer denkwürdigen Aufholjagd von Hannover 96 hatte. Nilssons Clubkollege Mike Frantz behauptete nach dem kuriosen 3:3 (3:0) sogar: „Wir sind betrogen worden.“
Von Daniel Ginczeks Unvermögen sprach nach einem der ungewöhnlichsten Saisonspiele der Fußball-Bundesliga keiner. Gleich zweimal hatte Nürnbergs Stürmer die Entscheidung auf dem Fuß, doch nicht seine Fehler, sondern der von Kinhöfer erregte die Nürnberger, nachdem ihnen zwei von drei sicher scheinenden Punkten noch aus der Hand geglitten waren: Ziemlich genau zwei Meter stand Mame Diouf in der 87. Minute im Abseits, als er mit dem ersten seiner zwei Tore die Wende einleitete.
„Wegen dieser Scheißszene verlieren wir hier fast noch“, meckerte Nürnbergs Keeper Raphael Schäfer: „Wir führen 3:1, und dann pfeift er uns so ein Ding rein. Wir sind sehr, sehr emotional!“ Kein Wunder, so nahe wie im 16. Spiel waren die Franken ihrem ersten Sieg noch nie in dieser Spielzeit.
Die Nürnberger hatten durch Adam Hlousek (30.), Josip Drmic (38.) und Per Nilsson (41.) die scheinbar sichere Führung erzielt. Und auch nach dem Anschlusstreffer von Leonardo Bittencourt (60.) deutete wenig auf einen Punktgewinn für Hannover hin. Erst in der turbulenten Schlussphase drehte 96 auf, erzielte Diouf in der zweiten Minute der Nachspielzeit sogar noch den Ausgleich.
„Das ist ein brutaler Nackenschlag, von dem du dich nur ganz schwer erholen kannst“, klagte Nürnbergs Sportchef Martin Bader: „Aber wir müssen es tun.“ Allein Trainer Gertjan Verbeek behielt die Ruhe und stellte die rhetorische Frage: „Ändert sich etwas, wenn ich mich aufrege?“ Der niederländische Coach stellte nach dem schmerzhaften Ende einer ungewöhnlichen Partie fest: „Die Spieler haben Fehler gemacht, der Schiedsrichter hat Fehler gemacht und der Linienrichter hat Fehler gemacht.“
Die meisten Fehler auf dem Rasen unterliefen freilich den 96-Spielern. Die Gastgeber boten wohl die bisher schwächste Halbzeit einer ohnehin äußerst enttäuschenden Saison. Die Tage von Mirko Slomka als Trainer von Hannover 96 schienen zur Pause gezählt
Bei seinem Team seien „alle Dämme gebrochen“, kommentierte der Coach: „Das war schon finster.“ Selbst das überraschende Happy End führte nicht zu überschäumendem Jubel. Der Coach war nach dem Abpfiff ziemlich schnell in die Katakomben des Stadions verschwunden.
„Unter dem Strich ist das kein toller Tag, auch wenn man mit einem guten Gefühl nach Hause geht“, kommentierte der zusehends umstrittene Coach. Auch Slomka war klar, dass die meisten Teams der Bundesliga - anders als die Nürnberger - nachgelegt hätten und Hannover dann mit 0:5 oder gar 0:6 untergegangen wäre.