Prickelndes Fernduell: BVB will Bayer abschütteln

Dortmund (dpa) - Der Vorsprung schmilzt, die Anspannung wächst - für den über Monate dominierenden Tabellenführer Borussia Dortmund wird der Titelkampf der Fußball-Bundesliga wider Erwarten doch noch zur Nervenprobe.

Angesichts des auf fünf Punkte geschrumpften Vorsprungs auf Verfolger Leverkusen steht der Revierclub am Ende einer über weite Strecken brillanten Saison mächtig unter Druck. Die zunehmende Nervosität im Umfeld der Borussia vor dem kniffligen Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg ist auch Trainer Jürgen Klopp nicht entgangen: „Vor einer Woche musste ich mich voreiligen Glückwünschen erwehren. Jetzt muss ich die Menschen beruhigen: Leute, wir sind immer noch vorne!“

Mit dem überraschenden 0:1 am vorigen Spieltag beim damaligen Schlusslicht Mönchengladbach hat der BVB seine überaus komfortable Ausgangslage verspielt. Und doch bietet sich die Chance, die siebte Meisterschaft schon am drittletzten Spieltag perfekt zu machen. Bleibt Leverkusen in Köln sieglos, könnte Dortmund mit einem Erfolg über den „Club“ am Samstag uneinholbar davonziehen. „Aufgeregt war ich vor dem Abitur, weil ich da schlecht vorbereitet war“, kommentierte Klopp in bekannt lässiger Manier.

Obwohl sein Team in den vorigen sechs Spielen nur acht Punkte verbuchte, sieht der Fußball-Lehrer keinen Grund zur Sorge: „Mein größtes Talent ist es, nicht vergessen zu haben, wo wir herkommen. Wenn mir vor der Saison jemand gesagt hätte, wir würden die Tabelle drei Spieltage vor Schluss mit fünf Punkten anführen, hätte ich ihn für bescheuert erklärt.“ Eine vorzeitige Meisterparty am Wochenende haben aber weder die Stadt Dortmund noch der BVB geplant.

Inständig hoffen alle Dortmunder, dass es ihnen nicht so ergeht wie den Leverkusenern im dramatischen Saison-Showdown 2002. Mit fünf Punkten führte Bayer drei Spieltage vor dem Saisonende damals die Tabelle an, wurde auf der Zielgeraden aber noch vom BVB überholt. Pikant: Ausgerechnet die Nürnberger erwiesen sich damals für die von Klaus Toppmöller trainierte Elf als einer der Stolpersteine auf dem vermeintlich sicheren Weg zur ersten Meisterschaft. Nach Meinung von Keeper Roman Weidenfeller bleibt der Borussia ein ähnliches Trauma erspart: „Wir lassen uns den Titel jetzt nicht mehr nehmen.“

Zumindest psychologisch wähnen sich die Verfolger im Vorteil. „Wir sind in einer besseren Position, weil wir nichts zu verlieren haben“, sagte Bayer-Mittelfeldspieler Hanno Balitsch dem „Kicker“. Bei einem Sieg über die zurzeit indisponierten Kölner, die nach dem Rückzug von Frank Schaefer übergangsweise von Sportdirektor Volker Finke gecoacht werden, bleibt Leverkusen sicher im Rennen. Doch Trainer Jupp Heynckes mag nicht an einen Einbruch der Borussia glauben: „Wir haben einen exquisiten Punktestand, mit dem man normalerweise Meister wird. Aber es gibt eine Mannschaft, die besser ist. Es sieht so aus, dass wir Zweiter werden.“

Neben dem Fernduell zwischen dem BVB und Bayer garantieren die Rückkehr des Kölner Sportdirektors Finke auf die Trainerbank, der Auftritt des Schalker Schlussmanns Manuel Neuer bei seinem vermeintlichen neuen Arbeitgeber FC Bayern München und der spannende Abstiegskampf höchsten Unterhaltungswert. Allerdings müssen die Fans diesmal auf die gewohnten Sonntagsspiele verzichten. Damit leistet die Deutsche Fußball Liga einen Beitrag zur Entlastung der Polizei am 1. Mai.

Gleichwohl erteilte Ligaverbands-Präsident Reinhard Rauball der Forderung an eine Kostenbeteiligung der Profivereine für Polizeieinsätze erneut eine Absage: „Es gibt hierfür keine rechtliche Grundlage, da die Bundesliga nicht Störer im Sinne des Gesetzes ist. Der Fußball ist nicht die Ursache von Gewalt.“