Rehhagel: „Ab Montag bin ich das Gesetz“
Berlin (dpa) - Jetzt herrscht „König Otto“ in der Hauptstadt. „Ab Montag bin ich bei Hertha das Gesetz und alle hören auf mein Kommando“, kündigte der 73 Jahre alte Otto Rehhagel an.
Über elf Jahre nachdem sich der Trainer-Monarch am 1. Oktober 2000 nach einer sportlichen Talfahrt mit dem 1. FC Kaiserslautern aus der Bundesliga verabschiedet hatte, steht Rehhagel wieder im Rampenlicht. „Ich bin gesund, fit und habe Lust. Der Sinn des Lebens besteht in Arbeit - wie Immanuel Kant schon sagte“, meinte Rehhagel, der sich gern philosophisch gibt, in einem Interview der „Bild am Sonntag“ an.
Der 73-Jährige, der schon beim ersten Bundesligaspiel der Hertha 1963 als Spieler dabei war, soll den schwer angeschlagenen Berliner Verein vor dem erneuten Untergang retten. „Noch ist das Hertha-Schiff nicht untergegangen, es hat aber ein großes Leck“, meinte Rehhagel. In Ergebnissen heißt das: Fünf Niederlagen in den fünf Meisterschaftsspielen in diesem Jahr, kein Ligasieg in elf Spielen. Der letzte Erfolg gelang am 29. Oktober vergangenen Jahres mit dem 3:2 beim VfL Wolfsburg. Die Quittung: Tabellenplatz 15, nur zwei mickrige Zähler Vorsprung auf den letzten Rang.
Daran vermochte der tapfere Auftritt unter dem Interimsgespann René Tretschok und Ante Covic gegen Borussia Dortmund am Samstag nichts zu ändern. Auch das 1000. Bundesligaspiel brachte für Hertha nicht die erhoffte Wende, am Ende stand es 0:1 (0:0). Der sehenswerte Rückzieher von Kevin Großkreutz in der 66. Minute reichte dem Titelverteidiger und Spitzenreiter aus Westfalen. Rehhagel dürfte es vor dem Fernseher mit Grollen verfolgt haben, wie frei der Borussen-Torschütze agieren konnte.
Seine künftigen Spieler können sich schon auf einiges gefasst machen. Wo Rehhagel ist, herrscht auch Rehhagel. „Ich bin ein Vorreiter und erwarte Ordnung und Disziplin. Ich bin ein Preuße. Oder auch ein demokratischer Diktator“, sagte der gebürtige Essener, der mit seinem offensichtlich autoritär geprägten Führungsstil allerdings auch schon reichlich Erfolge einheimste.
Allen voran der EM-Titel mit Griechenland 2004, dazu kommen drei deutsche Meistertitel, drei DFB-Pokalsiege und ein Europapokal-Triumph. Mit 820 Spielen als Trainer hält Rehhagel den Bundesliga-Rekord. „Mehr Erfahrung geht nicht“, meinte Hertha-Profi Peter Niemeyer.
Unterstützen soll das Ein-Spieltags-Duo Tretschok/Covic Rehhagel bei seiner Mission. „Otto Rehhagel ist eine Ikone, wir freuen uns auf ihn. Wir brauchen hier jemanden, der die Ruhe und die Erfahrung hat“, sagte Tretschok. Rehhagel sei einer, „der vieles abfängt“. Aber auch einer, der einiges austeilt. „Ich habe immer das letzte Wort, bin ab jetzt Tag und Nacht für Hertha da - und zwar immer pünktlich“, sagte er.
Das wissen auch die Trainerkollegen und alten Wegbegleiter. „Er brennt an beiden Enden“, meinte Dortmunds Erfolgscoach Jürgen Klopp. „Schön, dass er wieder im Geschäft ist - wir werden eine Menge Spaß haben“, sagte Klaus Allofs, ehemals Spieler unter Rehhagel und nun Geschäftsführer von Werder Bremen. Der Verein, bei dem „König Otto“ 14 Jahre lang das Zepter geschwungen und seine größten Vereinserfolge gefeiert hatte, wird in zwei Wochen in Berlin antreten.
Rehhagels Vorvorgänger freute sich ebenfalls. „Grandios“, fand es Markus Babbel, dass Rehhagel zur Hertha zurückkehrt. Der aktuelle Hoffenheim-Coach hatte die Berliner bis Dezember trainiert, ehe er nach peinlichen Querelen und gegenseitigen Lügenvorwürfen gehen musste, danach übernahm Michael Skibbe. Nach fünf Niederlagen, darunter das Aus im DFB-Pokal, war schon wieder Schluss. Rehhagel ist Nummer 4 in dieser Saison auf der Berliner Bank.
„Ich glaube, dass es kein schlechter Schachzug von Hertha ist“, urteilte Nürnbergs Dieter Hecking. Eingeleitet wurde er mit einem Anruf am Donnerstagvormittag. Manager Michael Preetz bat um ein Gespräch, Rehhagel gewährte es. „Abends saßen wir dann zusammen und Beate (Rehhagels Gattin) hat italienische Häppchen zubereitet, auch Präsident Werner Gegenbauer hat sich sehr wohlgefühlt“, erzählte der neue Hertha-Coach. Am Freitag sagte Rehhagel zu. Unterschrieben sei zwar noch nichts, „aber bei mir genügt ein Handschlag - ein Mann, ein Wort!“