Rucksäcke, Hausmittel und Schals: Acht zittern
Frankfurt/Main (dpa) - Weltuntergang oder Aufbruch? Die Hoffnung lebt, die Stimmung schwankt, doch der Blick auf die Tabelle ist Woche für Woche der gleiche Albtraum: Gleich acht Clubs müssen nach zwei Drittel der Saison zittern - fast die halbe Fußball-Bundesliga kämpft gegen den Abstieg.
Die ersten Fans resignieren schon. „Niemals 2. Liga“ stand auf den Schals, die der VfB Stuttgart kürzlich an seine Anhänger verteilt hat. Bei der 1:4-Pleite gegen den 1. FC Nürnberg falteten einige schwäbische Fans das rote Tuch so, dass nur noch zu lesen war: „2. Liga“. Ein Horror-Szenario auch für die einstigen Europa-League-Kandidaten VfL Wolfsburg und Werder Bremen und ebenso für die Fans von Borussia Mönchengladbach, Eintracht Frankfurt, des 1. FC Kaiserslautern, 1. FC Köln und FC St. Pauli.
Vier Jahre nach dem Meistertriumph droht dem VfB der Absturz - ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, da der Stadionumbau fertig sein wird. In den örtlichen Medien wird nun diskutiert, ob die Stuttgarter bei einem Abstieg die 6,2 Millionen Euro Pacht im Jahr aufbringen können. Manager Fredi Bobic ist erst mal froh, dass seine Mannschaft zweimal auswärts antreten kann (in Leverkusen und Frankfurt): „Da ist die Erwartungshaltung nicht so groß und der Rucksack nicht so schwer, den die Spieler auf dem Rücken tragen.“ Als abschreckende Maßnahme wurde nun Stürmer Ciprian Marica vom Training suspendiert.
Ein Hausmittel in Zeiten der Existenzkämpfe ist beim VfB schon aufgebraucht: Bruno Labbadia ist nach Christian Gross und Jens Keller bereits der dritte Trainer in dieser Runde. Gladbach zog mit der Entlassung von Michael Frontzeck die Notbremse. Dabei befindet sich der Tabellenletzte in Schussfahrt Richtung Unterhaus. Jetzt soll Lucien Favre den dritten Abstieg nach 1999 und 2007 verhindern. Doch das Fachmagazin „kicker“ schrieb schon: „Bye bye Borussia.“
Beim 1. FC Köln haben der Wechsel von Zvonimir Soldo zu Frank Schaefer, der neue Sportdirektor Volker Finke und vier neue Spieler in der Winterpause zwar kein Wunder bewirkt. Doch die Hoffnungen auf den Klassenverbleib sind nach den Siegen gegen den FC Bayern München und FSV Mainz 05 wieder gewaltig gestiegen.
Auch der VfL Wolfsburg hat den Chefcoach ausgetauscht und Co- Trainer Pierre Littbarski zum Nachfolger von Steve McClaren ernannt. Der Weltmeister von 1990 muss erst noch das Panik-Orchester richtig umstimmen, das im Mai 2009 noch trompetete: „We are the champions.“ „Wir werden nicht absteigen“, beteuert der heftig kritisierte Manager Dieter Hoeneß auch nach der dritten Niederlagen hintereinander.
Ein Urvertrauen in die Trainer herrscht dagegen bei Pauli und Kaiserslautern: Der Weg zum Klassenverbleib, da sind sich die Verantwortlichen sicher, führt nur über Holger Stanislawski und Marco Kurz (beide 41).
Bei den konfusen Bremern darf Thomas Schaaf weiter seinen Status als derzeit dienstältester Bundesliga-Coach (seit 1999) ausbauen. Ein Mentalcoach und mehr Training sollen nun helfen. „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht auf einen Abstiegsplatz rutschen“, warnte Kapitän Torsten Frings. Nationalspieler Per Mertesacker sagte: „Ich bin schon erprobt im Abstiegskampf, von daher habe ich keine Angst.“
Keine Erfahrung in solchen Situationen hat Michael Skibbe: Der Frankfurter Coach verlängerte zwar Ende Januar seinen Vertrag bis 2012, doch nach null Toren und nur einem Punkt in den bisherigen fünf Rückrunden-Spielen und dem Machtkampf mit Ex-Kapitän Ioannis Amanatidis ist Skibbe unter Druck geraten.
Die Eintracht als Gründungsmitglied der Bundesliga stieg schon 1996 und 2001 ab, jetzt sieht der ohnehin wenig optimistisch veranlagte Vorstandschef Heribert Bruchhagen eine „Krisenphase“ und sagt: „Wir müssen auf der Hut sein.“