Schalker Fan-Wut trotz Minimal-Erfolg
Gelsenkirchen (dpa) - Groteske Szenen, sorgenvolle Mienen: Trotz des gerade gesicherten Europa-League-Platzes mussten die verängstigten Profis des FC Schalke 04 eine Viertelstunde nach dem Schlusspfiff noch mal raus aus der Kabine und einen Spießrutenlauf ertragen.
Später traten Horst Heldt und seine Vorstandskollegen zum Rapport bei den aufgebrachten Fans an, die den Haupt- und VIP-Eingang der Veltins-Arena blockiert hatten. Einige Hundert vor Wut kochende Anhänger hatten sich nach dem erneut blamablen Auftritt und dem glücklichen 1:0-Sieg gegen den SC Paderborn dort versammelt.
Eher widerwillig und mit bitterer Miene stellten sich Heldt und die anderen Vorstände Peter Peters und Alexander Jobst den Anfeindungen und Fragen der empörten Fans. Aufsichtsratschef Clemens Tönnies war indes nicht zum Gang zu den Anhängern zu bewegen. „Es ist einzig und allein meine Verantwortung“, räumte Heldt in den emotionalen Diskussionen vor der sicherheitshalber abgeriegelten Eingangstür ein. Der Manager wirkte mitgenommen und hilflos: „Ich kann mich nur aufrichtig entschuldigen bei euch.“
Ob es als Schuldeingeständnis zu werten war für die miserablen Vorstellungen der vergangenen Wochen? Zumindest löste sich die Versammlung nach gut 20 Minuten auf. Zuvor hatte Heldt den „emotionalen Ausbruch“ der Fans damit erklärt, „dass wir die Erwartungen in dieser Saison nicht erfüllen konnten“.
Gleichwohl sei es schon „paradox“, weil man sich nun noch für die Europa League qualifiziert habe. Doch der Graben zwischen Fans und Profis ist derzeit so groß wie lange nicht. Eine gefährliche Entwicklung, die Heldt Sorgen bereitet: „Wir haben die Herzen verloren. Es liegt an uns, sie wiederzugewinnen.“
Schon der Liebesentzug durch die Nordkurve in den ersten 45 Minuten war ungewöhnlich. Die Fans verweigerten die Unterstützung - für Spieler und Verein die Höchststrafe. So verbreitete sich in der Arena eine Geisterstimmung, die sich alles andere als positiv auf die Spieler auswirkte. Auf Plakaten und Bannern richteten die Fans ihren Unmut auch gegen den Vorstand und gegen Tönnies. Trainer Roberto Di Matteo musste sich schon vor dem Spiel Pfiffe anhören.
Die nach dem Rauswurf von Kevin-Prince Boateng und Sidney Sam sowie der Ein-Spiel-Suspendierung von Marco Höger auf sechs Positionen veränderte Elf zeigte eine schwache Vorstellung, war mutlos, nervös und verunsichert. Schalke wurde 90 Minuten lang von den auf Platz 18 abgerutschten Ostwestfalen beherrscht. „Die Stimmung war sehr merkwürdig. Klar merkt man dann noch mehr eine gewisse Verunsicherung“, gab Joel Matip zu. Dennis Aogo meinte: „Wir haben eine turbulente Woche hinter uns. Es ist eine Menge auf uns eingeprasselt. Das hat sich in unserer Leistung widergespiegelt.“
Ausgenommen von jeglicher Kritik war nur Ralf Fährmann: „Außer Fährmann könnt ihr alle geh'n“, sangen die Fans. „Es war eine sehr emotionale Kiste, meine bislang schwierigste Partie. Sowas habe ich noch nicht erlebt auf Schalke“, sagte er später. Es passte zum verkorksten Heimabschluss, dass sich Benedikt Höwedes nach fast einer Stunde eine Kapsel- und Bänderverletzung im linken Sprunggelenk zuzog. Für den Kapitän ist die Saison beendet.
Die durch das Eigentor von Uwe Hünemeier (88.) entschiedene Partie als Erfolg zu verkaufen, gelang selbst dem eloquenten Chefcoach nicht. „Es waren schwierige Umstände, der Druck war groß. Wir waren heute sehr verkrampft“, sagte Di Matteo ganz ohne Siegerlächeln. „Das Wichtigste sind die drei Punkte, mit denen wir unser Mindestziel erreicht haben. Aber das war nicht der Abschluss, den wir erhofft hatten. Nächste Saison müsse wir es viel besser machen.“