Schwache Hertha Mainz sendet in Berlin „ganz wichtiges Lebenszeichen“
Berlin (dpa) - Diesmal hatten die mitgereisten Fans des FSV Mainz 05 nicht Hohn und Spott für ihre Mannschaft übrig, sondern brüllten unüberhörbar durchs riesige Olympiastadion: „Auswärtssieg! Auswärtssieg!
“
Mit dem 2:0 (1:0) bei Hertha BSC gewann der Abstiegskandidat das erste Spiel seit fast einem Jahr auf fremdem Platz und konnte die zuletzt so aufgebrachte Anhängerschaft etwas besänftigen. „Das war ein ganz wichtiges Lebenszeichen“, sagte Sport-Vorstand Rouven Schröder und beobachtete zufrieden, wie seine Profis sich mit den Fans am Zaun abklatschten: „Das tut einfach gut.“
Die Lage beim Tabellen-16. der Fußball-Bundesliga ist zwar weiter prekär, aber nach zuletzt drei Niederlagen und dem 0:3 im DFB-Pokal-Derby bei Eintracht Frankfurt zeigten die Mainzer dieses Mal eine konzentrierte Vorstellung. Robin Quaison erzielte vor 30 908 Zuschauern beide Tore (40. und 65. Minute), da er einfach handlungsschneller agierte als die an diesem Abend zerfahrenen Berliner. „Das ist wohl einer der glücklichsten Tage, seit ich in Mainz bin“, sagte der schwedische Stürmer nach seinem ersten Doppelpack im Oberhaus. „Wir haben ein wichtiges Spiel gewonnen.“
Nach der 2:4-Niederlage in Hoffenheim und den Schmähgesängen ihres Publikums am Wochenende zuvor, als die Mainzer nach dem Abpfiff den den Gang in die Kurve verweigerten, hatten sie in einem offenen Brief für Zusammenhalt und Unterstützung geworben. Mit dem Sieg von Berlin wollte Sandro Schwarz das Thema aber nicht schnell abhaken. „Wir müssen weiter vorleben, was die Nähe und Kommunikation zu den Fans angeht“, sagte der Trainer, von dem einige Last abfiel: „Das war ein blitzsauberer Auftritt nach einer schweren Woche.“
Sportchef Schröder hatte Schwarz vor der Partie die „volle Rückendeckung“ zugesagt, jetzt lobte er den 39-jährigen, der seine erste Saison als Chefcoach im Oberhaus erlebt: „Er ist sehr entschlossen und hat auch eine gewisse Ruhe. Dazu gibt er auch der Mannschaft ein sehr gutes Gefühl. Er ist in Mainz geboren, das spürst du. Ich kann absolut erkennen, dass alle an einem Strang ziehen.“
Die Mainzer hatten allerdings das Glück, am Freitagabend auf eine Hertha zu treffen, die selbst von ihrem Trainer kaum wiedererkannt wurde. Pal Dardai hatte keine Lust, dieses Auftritt öffentlich groß aufzuarbeiten. Mit wenigen Sätzen hakte er bei der Pressekonferenz die unansehnlichen 94 Minuten ab. „Ich finde, das war das schlechteste Heimspiel, seit ich da bin“, sagte er nach dreijähriger Amtszeit. „Wir müssen das runterschlucken, morgen ein bisschen diskutieren, ein bisschen Meinung austauschen. Das war nicht in Ordnung heute.“ Zu allem Übel musste Kapitän Vedad Ibisevic mit Nasenbeinbruch ins Krankenhaus.
Die Ankündigung „Ganz großes Kino im Berliner Olympiastadion“ als Titel auf dem Stadionmagazin klang nach dem Duell zweier nicht einmal mittelmäßiger Mannschaften wie ein schlechter Witz. Als Eurosport-Experte durfte sich Ex-Europameister und -Bayern-Vorstand Matthias Sammer bestätigt fühlen. Der hatte kürzlich das Niveau der Bundesliga beklagt mit den Worten: „Nur ganz wenige Mannschaften versuchen, mit dem Ball zu agieren. Es sind vielleicht vier oder fünf in der Bundesliga. Alle anderen versuchen, zu verteidigen oder das Spiel zu zerstören.“ Dafür gaben Hertha und Mainz besten Anschauungsunterricht.