Spielabbruch auf St. Pauli: Schalke führte 2:0

Hamburg (dpa) - Ein Bierbecher-Wurf von der Tribüne hat für ein unrühmliches Ende des Schalke-Gastspiels am Millerntor gesorgt und stürzt den FC St. Pauli in größte Schwierigkeiten. Schiedsrichter Deniz Aytekin beendete das Spiel beim Stand von 2:0 (1:0) für den FC Schalke 04.

Zuvor war sein Assistent Thorsten Schiffner in der 88. Minute von dem Plastikbecher im Nacken getroffen worden. Beim Trainer-Einstand von Ralf Rangnick hatte Schalke zum Auftakt des 28. Spieltages in der Fußball-Bundesliga durch Tore von Rául (26. Minute) und Julian Draxler (66.) deutlich geführt und wird die sportlich fast schon gewonnenen Punkte wohl nachträglich am Grünen Tisch zugesprochen bekommen.

„Es gibt überhaupt keinen Spielraum. Wir mussten das Spiel abbrechen. Es gab keine andere Wahl“, sagte Aytekin. Schon zuvor seien seine Assistenten mit Münzen und Feuerzeugen beworfen worden. Schiffner musste von einem Arzt untersucht werden. „Es geht ihm den Umständen entsprechend“, sagte Aytekin.

Der FC St. Pauli schwebt unabhängig von der ausstehenden Wertung der Partie sechs Spiele vor Saisonende mehr denn je in Abstiegsnot. Im nächsten Spiel bei Bayer Leverkusen fehlen Finn Bartels (Rote Karte/79.) und Jan-Philipp Kalla (Gelb-Rote-Karte/68.), die des Feldes verwiesen wurden.

„So was geht gar nicht. Da gibt es Null Toleranz. Ich kann mich nur bei dem Linienrichter entschuldigen“, sagte St. Paulis Trainer Holger Stanislawski. „Das wirft ein ganz schlechtes Licht auf uns“, bedauerte auch Pauli-Torwart Benedikt Pliquett den Vorfall. „Das ist ein schwerer Tag für den FC St. Pauli. Wir müssen uns den Ermittlungen stellen“, sagte Sportdirektor Helmut Schulte. Der gefüllte Bierbecher war von einem Zuschauer auf der Haupttribüne geworfen worden.

Schalkes Nationaltorwart Manuel Neuer wollte das Geschehen nicht bewerten. „Es ist immer was los hier am Millerntor. Die Entscheidung muss man akzeptieren, das ist eine Sache des Schiedsrichter. Das ist ihre Entscheidung, da haben wir gar nichts zu sagen“, betonte er.

Das Team von Kollege Ralf Rangnick hatte bei dessen Rückkehr auf die Bank der Königsblauen nach mehr als fünf Jahren dank einer starken Offensivleistung verdient geführt und die leisen Sorgen um den eigenen Klassenverbleib vertrieben. Auch bei einer Wertung durch den Deutschen Fußball-Bund am Grünen Tisch wird Schalke als Sieger hervorgehen. „Davon gehe ich aus. Alles andere würde ja nicht gehen“, sagte Schalkes Manager Horst Heldt. Er berichtete zudem, dass Schiffner nach dem Vorfall „benommen“ sei.

Der ersatzgeschwächte Aufsteiger St. Pauli kassierte vor 24 483 Zuschauern im ausverkauften Millerntor-Stadion die sechste Niederlage nacheinander und stürzte noch tiefer in den Abstiegssumpf. Doch mit dem Abbruch drohen nun noch schlimmere Konsequenzen.

Außerdem bitter: Kalla musste mit Gelb-Rot (68.) und Bartels mit Rot (79.) vom Platz. Coach Stanislawski, der den Tabellen-16. nach dieser Saison wohl verlässt, musste aufgrund von Verletzungen auf eine komplette Abwehrreihe verzichten. Fabian Boll war im Mittelfeld jedoch trotz eines Bänderrisses im Knöchel dabei. Noch überraschender war die Torwart-Besetzung: Statt Thomas Kessler spielte Pliquett, der beim bisher letzten Sieg der Hamburger - dem 1:0 Mitte Februar beim HSV - zum Derby-Helden geworden war.

Obwohl der Pokalfinalist Schalke schon früh den verletzten Stürmer Mario Gavranovic durch Edu ersetzen musste, spielte er ungewohnt flott nach vorne. Schon in der dritten Minute hatte St. Pauli Glück, als Alexander Baumjohann ein Elfmeter nach einem Foul von Boll verweigert wurde.

Angetrieben von den starken Jefferson Farfan und Raúl erspielte sich Schalke mehrere gute Chancen. Und der spanische Superstar war es auch, der nach einer Farfan-Ecke mit seinem 12. Saisontor zur verdienten 1:0-Führung einköpfte. In der Anfangsphase hatte Raúl bereits an den Pfosten geköpft und kurz vor der Pause einen Schuss fast von der Mittellinie auf das Tornetz gesetzt. Die beinahe einzige Chance für St. Pauli war ein Fernschuss des aufgerückten Verteidigers Bartels, der knapp über das Schalker Tor strich.

In der Anfangsphase der zweiten Hälfte drängten die kampfbetonten Hanseaten zunächst auf den Ausgleich, scheiterten aber an ihren begrenzten spielerischen Qualitäten gegen die immer einen Tick schnelleren Gäste.

Und dann folgten die entscheidenden drei Minuten der Partie: Erst wurde der 1:1-Ausgleich nach einem Freistoß von Max Kruse wegen des im Abseits stehenden Boll von Schiedsrichter Aytekin nicht gegeben. Dann traf der für Baumjohann eingewechselte Draxler zum 0:2. Und zuletzt schwächte sich St. Pauli mit Kallas und Bartels Platzverweisen noch selbst. Mit dem Spielabbruch wurde die Partie für die Stanislawski-Elf endgültig zum Desaster.