Stuttgarts Schneider und die Mission Wendemanöver

Stuttgart (dpa) - Eine lange Eingewöhnungsphase braucht Thomas Schneider nicht. Der neue Trainer des VfB Stuttgart kann sie sich auch gar nicht leisten.

Der aus dem U-17-Team des schwäbischen Fußball-Bundesligisten zum Chef der Profis beförderte 40-Jährige steht mit seiner Mannschaft nach dem Null-Punkte-Start in der deutschen Eliteklasse gleich unter Druck. Verstecken gilt nicht. „Wir haben eine große Offensivpower im Team“, sagte Schneider bei seiner Inthronisierung. „Ich bin überzeugt davon, dass wir auch angriffslustig auftreten werden.“

Sportvorstand Fredi Bobic werden diese Worte vor den kommenden Aufgaben in der Europa League gegen HNK Rijeka und in der Bundesliga gegen die TSG Hoffenheim gefallen haben. Sie künden von Aufbruch, Aggressivität, Leidenschaft. Prädikate, die der starke Mann des VfB Stuttgart unter dem geschassten Coach Bruno Labbadia vermisst hatte. „Es ist beeindruckend, was Thomas aus einer Mannschaft herausholen kann“, lobte Bobic die Arbeit des zweitbesten Teilnehmers des 57. DFB-Trainerlehrgangs im März 2011.

Die fachliche Kompetenz besitzt er also, die emotionale Komponente des im Club großgewordenen Schneider wird im Umfeld der Schwaben mindestens genauso geschätzt. „Das Erwachsenwerden tut dem einen oder anderen gut“, beschrieb Bobic schelmisch den Entwicklungsprozess seines früheren Mitspielers. Flausen im Kopf kann sich Schneider allerdings nicht erlauben.

Der talentierte, aber oft von Verletzungen zurückgeworfene ehemalige Abwehrspieler will den VfB auf dem Rasen so agieren lassen, wie es sich auch Labbadia gewünscht, aber nur in homöopathischen Dosen hat praktizieren lassen: schnell, direkt, enthusiastisch. Wie es Usus ist, überließ Schneider am Dienstag bei seinem ersten offiziellen Training als Cheftrainer des VfB seinen Assistenten Tomislav Maric und Alfons Higl das Aufwärmprogramm. 21 Feldspieler und drei Torhüter versammelte er auf dem Rasen. Zuvor hatte sich Schneider im Beisein von Bobic dem Team vorgestellt.

Für Begeisterung im vom verblassten Gütesiegel der „Jungen Wilden“ geprägten Umfeld will Schneider auch mit seiner personellen Ausrichtung sorgen. Die Jugend soll im Konzept des Vaters eines Sohnes eine tragende Rolle spielen. „Ich will unseren Jugendspielern eine gewisse Wertschätzung entgegenbringen“, formulierte Schneider sein Ziel. „Ich habe mir auf die Fahne geschrieben, dass unsere Jungs ein besseres Standing bekommen.“ Jungs wie der 17-jährige Timo Werner, der vor der Saison den Sprung zu den Profis schaffte.

Während seiner eigenen Spielerkarriere zwangen Schneider immer wieder Verletzungen in die Knie. Erst der Rücken, schließlich musste er in Diensten von Hannover 96 wegen der Folgen eines zu spät erkannten Zeckenbisses seine Laufbahn 2005 beenden.

Als Trainer schöpft Schneider aus dem Erfahrungsschatz seiner früheren Übungsleiter. Seinen ersten Profi-Coach Christoph Daum lobt er als „großen Motivator“, an Bundestrainer Joachim Löw habe er die menschliche Seite schätzen gelernt. Und auch der Faktor Qual spielt in seinem Repertoire eine wichtige Rolle. „Von Felix Magath habe ich mitgenommen, dass man den Schweinehund sehr oft überwinden kann“, sagte Schneider. Die Voraussetzungen sind gegeben.