Van Marwijk als Fan des kreativen HSV
Hamburg (dpa) - Bert van Marwijk ist zum größten Fan seiner neuen Mannschaft geworden. Sein holländisches Fußballer-Herz lachte bei dem Offensivwirbel, den der Hamburger SV gegen einen starken VfB Stuttgart veranstaltete.
10:0 Ecken, 20:9 Torchancen und „unglaublich schnelles Tempospiel“ verzückten den 61 Jahre alten Coach bei seiner Bundesliga-Heimpremiere im Volkspark. „Van Marwijks Voetbal totaal“ titelte das „Hamburger Abendblatt“ zur Kurzpass-Show der Hanseaten. Mit einem allerdings großen Makel: Nach Abwehrpatzern reichte er nur zum 3:3 (1:2) und zu einem Punkt, Tabellenplatz 15 mit neun Zählern ist weiter ernüchternd.
Und 22 Gegentore sind neben Hoffenheim Höchstwert in der Liga. Nach berauschenden 90 Minuten wollte „Papa Bert“, wie ihn die Spieler manchmal nennen, aber nicht lange über die wackelige Defensive um den rechten Aushilfsverteidiger Heiko Westermann oder die fragile Innenverteidigung mit Johan Djourou und Jonathan Tah sprechen. „Wir haben unglaublich harte Arbeit abgeliefert, ich kann zufrieden sein. Aber am Ende des Tages bin ich ein Trainer, der doch lieber gewinnen will“, betonte er.
Der Schlüssel zu besserer Leistung scheint banal zu sein: „Wir haben uns ganz einfach den Arsch aufgerissen“, sagte Torschütze Pierre-Michel Lasogga und fasste damit in deftigen Worten zusammen, was sich seit Coach Thorsten Fink in dreieinhalb Wochen geändert hat.
Statt mit hängenden Schultern und gesenkten Köpfen wie beim 1:5 gegen Hoffenheim über das Feld zu traben, marschierten besonders die jungen Offensivkräfte wie Hakan Calhanoglu, Lasogga und Joker Maximilian Beister voran. Calhanoglu glänzte mit trickreichen Anspielen, Beister pflügte den Rasen um und traf auch noch. So entlastet, kann auch der in die Jahre gekommene Rafael van der Vaart (30) Akzente setzen. Nach seinem fünften Saisontor entlud sich der ganze angestaute Frust in seinem jubelnden Sprint in die Fankurve.
„Wir haben jetzt eine Struktur im Spiel“, lobte Torjäger Lasogga van Marwijk. „Das war eine Super-Moral-Leistung. Es macht im Moment einfach super viel Spaß, mit diesem Team zu spielen.“ Nach dem Abschied von Heung-Min Son beweist die Berliner Leihgabe mit nun schon fünf Liga-Treffern seinen Torriecher. „Das ist überraschend, wenn man bedenkt, dass er aus der Verletzung kommt. Dass er da so schnell auch körperlich zurückfindet - es ist unglaublich, wie er marschiert, und dann noch sein Torjägerinstinkt - das ist schon klasse“, schwärmte HSV-Sportvorstand Oliver Kreuzer.
Ein wenig nüchterner blieben da die erfahrenen Nationalspieler Marcell Jansen und René Adler. „Konsolidierung ist das richtige Wort. Wir sollten schon sehen, dass wir möglichst schnell in sichere Gefilde kommen“, sagte der Torhüter im NDR-„Sportclub“. Von der Europa League zu sprechen - was man in Hamburg allzu schnell tut - sei ein „bisschen weltfremd“. Zumal die echten Prüfsteine auf dem Weg ins gesicherte Mittelfeld noch warten. Nach dem Gastspiel am Sonntag in Freiburg warten Mönchengladbach (Heim) und Leverkusen (auswärts). Bis dahin muss van Marwijk die HSV-Defensive deutlich verbessern.