Van Marwijk vor Heim-Premiere: Wie ein „strenger Vater“
Hamburg (dpa) - Mit Autorität und klaren Ansagen hat Bert van Marwijk den Hamburger SV wieder auf Kurs gebracht. Nun steht für den Niederländer nach vier Punkten aus zwei Auswärtspartien beim 2:2 in Frankfurt und beim 5:0 in Nürnberg am Sonntag gegen den VfB Stuttgart die Heimpremiere an.
Bei einem Sieg würden die Hanseaten in der Bundesligatabelle mit den Schwaben nach Punkten gleichziehen. „Er macht einen überragenden Job, lässt viele Passformen üben, dass man Sicherheit bekommt. Ich bin beeindruckt, wie die Mannschaft das annimmt“, sagt Rafael van der Vaart, der mit seinem Landsmann nur Holländisch spricht und manchmal schmunzeln muss, wenn er dem Trainer-Routinier bei der deutschen Übersetzung zuhört.
Der Gelobte selbst macht wenig Aufsehen um seine Philosophie. „Wir sind eine Mannschaft und machen alles zusammen, da gibt es nur wenige Ausnahmen“, erklärt der Fußball-Lehrer. Extratouren wie unter Vorgänger Thorsten Fink gibt es nicht mehr. „Bei van Marwijk herrscht Disziplin“, bestätigt Nationaltorhüter René Adler. „So langsam greifen die ersten Mechanismen. Wir verstehen die Philosophie unseres Trainers und lernen, diese umzusetzen.“
„Er ist ein bisschen wie ein strenger Vater. Vielleicht haben wir genau das gebraucht“, sagt der Kroate Milan Badelj. „Wir dürfen jetzt nicht überdrehen, dann schlagen wir auch den VfB.“ Davon ist auch Uwe Seeler überzeugt. In der „Bild“ tippte das Fußballidol auf ein 3:1 für den HSV, um dessen sportliche Zukunft er sich nicht mehr sorgt: „Die Angst ist verschwunden.“ Auch, weil der 61 Jahre alte van Marwijk der Richtige sei. Seeler: „In unserer Situation brauchen wir einen erfahrenen Mann. Einen, der schon viel durchgemacht hat. Der konsequent und streng zu seinen Profis ist und sein muss.“
Und so ist es auch: Regeln müssen genauestens beachtet werden. Alle essen zusammen und erheben sich gemeinsam vom Tisch, erzählt van der Vaart. Holländische Schule eben. Wer nicht mitzieht, kann gehen. „Wir sind mit Holland Vizeweltmeister geworden, nicht, weil wir die beste Mannschaft waren, sondern weil wir ein gutes Team waren“, erklärt van Marwijk.
Mit dem Nationalteam erlitt der damalige Bondscoach in Hamburg am 14. November 2011 ein 0:3 gegen Deutschland und erlebte eine ausverkaufte Hamburger Arena. Gegen den VfB werden mehr als 50 000 Zuschauer kommen - und diesmal wird der Großteil für das Team des Neu-Hamburgers sein.
Van Marwijk ist bisher unbesiegt und will nach dem schlechten Saisonstart den Anschluss an das Mittelfeld herstellen. Dieses Zwischenziel hat Thomas Schneider beim VfB als Nachfolger von Bruno Labbadia schon geschafft: In fünf Punktspielen unter Schneider war das Team mit elf Zählern und 13:4 Toren erfolgreichster Bundesligist.
Beim HSV bleibt man vorsichtig: „Zuletzt gab es einen kleinen positiven Trend, aber es wäre gefährlich, schon von einer Wende zu sprechen“, betont Sportvorstand Oliver Kreuzer. Acht Punkte aus acht Partien sind ihm zu wenig, der Durchbruch von Angreifer Pierre-Michael Lasogga mit zuletzt fünf Toren in drei Pflichtspielen stimmt ihn aber zuversichtlich. Wenn dem von Hertha BSC ausgeliehenen Stürmer das noch einmal gelingt, will Kreuzer den 21-Jährigen und dessen Mutter zum Essen einladen.