VfB-Trainer Labbadia und die Reise zwischen Extremen
Hamburg (dpa) - Vor zwei Wochen hatte sich VfB-Trainer Bruno Labbadia die Wut von der Leber geredet. Jetzt hat er mit seinem Team drei Punkte geholt. Der Sieg in Hamburg bringt den Stuttgartern Ruhe. Beim HSV ist Trainer Fink über die Niederlage nicht allzu betrübt.
Labbadia konnte sich den Seitenhieb nicht verkneifen. „Nach drei, vier und sieben Spieltagen waren wir fast abgestiegen. Jetzt haben wir nur drei Punkte Rückstand auf die Champions League. Da werden wir jetzt angreifen“, verkündete der Stuttgarter Coach süffisant nach dem 1:0 des VfB beim Hamburger SV. Was natürlich nicht ernst gemeint war. Zwei Wochen zuvor hatte er sich mit einer Wutrede wegen der massiven Trainerschelte („Am Arsch geleckt“) Luft verschafft, weil er nicht der „Mülleimer von allen“ sein wollte. Nun hielt er der Öffentlichkeit den Spiegel vor und meinte indirekt, sie könne mal wieder von einem Extrem nahtlos zum anderen springen.
Labbadia hat sich mit dem wohlverdienten Punktedreier in Hamburg aus der Schusslinie gezogen. Die Spieler sind für ihren Trainer gerannt, haben für ihn gegrätscht und den Gegner niedergekämpft. Wären die Schwaben treffsicherer gewesen und nicht von HSV-Torwart René Adler gebremst worden, hätten sie 4:0 gewinnen müssen. Fakt ist: In Stuttgart kehrt Ruhe ein. Vorerst.
Beim HSV bleibt diese Ruhe bestehen - trotz Niederlage. Auch hier hat der Coach mit den Extremen zu kämpfen und schien irgendwie sogar fast erleichtert nach der Schlappe. Ein Sieg hätte seine Mannschaft von Rang zehn auf Platz vier katapultiert. In Hamburg war deshalb schon die Europa League diskutiert worden. Vor Wochen herrschte noch Abstiegs-Alarm. Dieses Hin und Her will Thorsten Fink nicht mitmachen. „Wir müssen sehen, dass wir da, wo wir sind, gut angesiedelt sind“, meinte der Coach über Platz zehn. Der 44-Jährige befürchtete, dass bei einem Sieg „das Träumen bei dem einen oder anderen zu groß geworden“ wäre.
Die Liga bietet in der gegenwärtigen Situation ausgiebig Gelegenheit zu riesigen Sprüngen und radikalen Wenden. Die Plätze vier und 15 trennen schnöde vier Punkte. Zwischen Champions-League-Quali und Abstieg geht es von Spieltag zu Spieltag rauf und runter. „Die Liga wird immer verrückter“, meinte Labbadia. Da wollen Trainer und Spieler nicht die Orientierung verlieren. „Wir müssen ruhigbleiben“, riet HSV-Regisseur Rafael van der Vaart, der gegen die Stuttgarter seine schwächste Partie bot, seit er das HSV-Trikot trägt.
Die Hamburger, deren Höhenflug nach drei Siegen und einem Unentschieden gestoppt wurde, überraschten mit einem Rückfall in überwunden geglaubte Zeiten. Es fehlten Biss, Spritzigkeit, Zweikampfhärte und Kombinationssicherheit. „Wir sind einfach noch keine Mannschaft, die nach Europa schielen kann“, lautete Finks Fazit.
Am nächsten Wochenende kann in der Tabelle wieder alles anders aussehen. Dann gastiert der HSV beim Abstiegskandidaten FC Augsburg, der VfB Stuttgart hat Überraschungsteam Eintracht Frankfurt zu Besuch. Zwischen Abstieg und Champions League ist wieder alles drin.