Wegen Calhanoglu: Leverkusen im Streit mit ZDF
Leverkusen. Noch Montag hatten sich die Wogen nicht geglättet. Der gelinde gesagt kuriose Auftritt von Bayer Leverkusens Bundesliga-Fußballer Hakan Calhanoglu im ZDF-Sportstudio am Samstagabend wirkte bei Bayer 04 nach.
Der türkische Fußball-Nationalspieler hatte gegenüber ZDF-Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein ziemlich freimütig über seinen umstrittenen Wechsel vom Hamburger SV nach Leverkusen geplaudert, den ehemaligen HSV-Sportdirektor Oliver Kreuzer dabei der Lüge bezichtigt ("Er hat mich im Stich gelassen") und danach detailliert eine schier unglaubliche Geschichte von der türkischen Nationalmannschaft erzählt: Er und sein Leverkusener Kollege Öder Toprak seien von Nationalelf-Kollege Gökhan Töre und dessen Freund mit einer Pistole bedroht worden.
Es ging wohl um ein Eifersuchtsdrama, um eine Ex-Freundin von Töre und dessen Wut auf einen Toprak-Freund, der mit im Hotelzimmer gewesen sei. Bei Bayer 04 versuchte man Montag, die kommunikative Katastrophe in richtige Bahnen zu lenken. Kommunikationschef Meinolf Sprink kritisierte das Verhalten des ZDF, sich in dem Interview nicht an "Absprachen gehalten zu haben". Die habe es nämlich gegeben.
Sprink: "Es sollte eine Frage zum HSV und eine zur türkischen Nationalmannschaft geben. Dann ist Frau Müller-Hohenstein durch eine Tür gegangen, die Hakan einen Spalt geöffnet hat." Da, so Sprink, habe man ein "großes Stück Empathie und Redlichkeit" bei der Moderatorin vermisst. Weil die Situation für Calhanoglu nicht leicht gewesen sei. "Er ist eben ein ehrlicher Junge." Es kamen Themen zur Sprache, bei denen Hakan "besser einen Anwalt mitgebracht hätte", so Sprink.
Fraglich noch immer, warum der Offensivspieler so detailliert Bericht erstattet hatte. Trieb ihn die Angst, schon bald wieder in der türkischen Nationalmannschaft auf Töre, der pikanterweise seine fußballerische Ausbildung in der Leverkusener Jugend genossen hatte, treffen zu müssen? Beim letzten Länderspiel der Türkei hatten sowohl Calhanoglu als auch Toprak abgesagt. Aus Angst? "Beide hatten wirklich Wadenverletzungen", bestätigte Sprink Montag.
Nun gehe es auch darum, wie es für die beiden Leverkusener Spieler in ihrer persönlichen Karriere weitergehe. Einen Gefallen hat sich Calhanoglu gewiss nicht getan. Andererseits: Ein offenes und ehrliches Interview ist eine tatsächlich erfrischende Abwechslung im oft einsilbigen und von vielen Absprachen geplagten Fußball-Geschäft.