GdP-Landeschef Plickert: „Der Polizeiführer hat das Wissen"
Weniger Polizei im Fußball? GdP-Landeschef Arnold Plickert kritisiert die Maßnahme von Innenminister Jäger.
Düsseldorf. Die jüngsten Ausschreitungen beim Bundesliga-Spiel zwischen dem FC Schalke 04 und Hertha BSC Berlin rufen die Gewerkschaft der Polizei (GdP) auf den Plan. Der Landeschef Arnold Plickert hält das Projekt von Innenminister Jäger, weniger Polizei im Fußball bei risikoärmeren Spielen einzusetzen, für „ein Spiel mit dem Feuer“.
Herr Plickert, was kritisieren Sie konkret?
Arnold Plickert: Wir halten nichts von der Unterscheidung in Risiko- oder Nichtrisikospiele. Das Spiel zwischen Schalke und Hertha BSC war als Nichtrisikospiel eingestuft. Man hat gesehen, dass wir auch bei einem Nichtrisikospiel erheblich unter Druck geraten können. Weil wir schwach aufgestellt waren, sind die Kollegen von 100 Gewaltbereiten angegriffen worden.
Das Projekt des Innenministeriums — so die Zwischenbilanz acht Wochen nach Saisonstart — soll ein Erfolg sein. Ist es das?
Plickert: Man gewinnt den Eindruck, dass alles totgeschwiegen wird, seit der Pilot läuft. Wir haben in diesen acht Wochen einen Kassensturm in Paderborn von 150 Kölnern gehabt, das Gleiche in Bochum gegen Düsseldorf. Die Polizei war nicht da. Wir hatten einen Platzsturm bei Dortmund II gegen Jahn Regensburg und andere Vorfälle. Ich habe nirgends davon gelesen.
Wer entscheidet, wieviel Polizei eingesetzt wird?
Plickert: Die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) des Landesamtes für Zentrale Polizeiliche Dienste in Duisburg entscheidet. Sie schaut in die Vergangenheit und sagt: Bei diesen Spielen war nichts los, da kommen wir mit weniger aus. Ich sage: Vielleicht war nichts los, weil Polizei vor Ort war. In der achtwöchigen Testphase hatten wir drei Spiele, in denen die Landeseinsatzbereitschaft gerufen wurde, weil wir zu wenig Kräfte hatten.
Was lief vorher besser?
Plickert: Bisher waren die Hundertschaften im Raumschutz im gesamten Stadtgebiet um das Stadion. Da wussten wir: Wo halten sich die Leute auf, mit denen wir Ärger bekommen? Wir haben diese Leute begleitet, man konnte kommunizieren, beruhigen und schnell reagieren. Jetzt nicht mehr. Die Kollegen werden irgendwo in Straßen postiert, dann kommt der Einsatz über Funk. Dann bleibt keine Zeit mehr zu reden. Dann werden die Einsätze härter. Das will niemand.
Sie sind nicht der Meinung, dass der Polizeieinsatz im Fußball zu hoch ist?
Plickert: Ich bin für jede mögliche Reduzierung. Aber Polizei darf nicht unter der Maßgabe reduziert werden, man könne diese Zahlen dem Bürger nicht mehr verkaufen. Ich setze Polizei allein nach der Gefährdungslage ein. Wir haben in NRW 33 Vereine. Es kann nicht sein, dass wir politisch sagen, wir fangen hier pauschal an zu reduzieren. Die Polizeiführer haben das Wissen. Hier wird aber gesagt: Weil ich das politisch möchte, wird das Personal gekürzt und die ZIS übernimmt die Einschätzung. Das ist ein politisches Projekt, das positiv ausgehen muss.
Ist das Projekt aus ihrer Sicht schon gescheitert?
Plickert: Die Vorbereitung war schlecht. Der Minister hätte sagen können: Kalkulieren sie so knapp wie möglich, und ich stehe hinter Ihnen, wenn es mal in die Hose geht. Aber wenn die Einsätze nicht laufen, ist sofort Theater im Innenausschuss, weil die Opposition dem Minister etwas will. Wir kriegen eine Renaissance der Alt-Hooligans. Der Fußball wird für die wieder interessant. Das, was auf Schalke war, werden wir nicht das letzte Mal erlebt haben. Diejenigen, die da randaliert haben, die hatten alle schon Stadionverbot.