Weitere HSV-Personalposse: Ära Hoffmann vor Ende
Hamburg (dpa) - Die Ära Bernd Hoffmann geht zu Ende, das Personalchaos spitzt sich zu: Mit seinem Votum gegen den umstrittenen Clubvorsitzenden hat der Aufsichtsrat des Hamburger SV eine wochenlange Hängepartie beendet.
„Jetzt haben wir Klarheit“, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Ernst-Otto Rieckhoff der Nachrichtenagentur dpa. Doch wahrscheinlicher scheint, dass der Club durch diese Entscheidung eher handlungsunfähiger geworden ist.
Hoffmann und seine Vorstandskollegin Katja Kraus hatten bei der überraschenden Abstimmung am Sonntag vor der 2:4-Niederlage gegen den FSV Mainz 05 mit 7:5-Stimmen nicht die nötige Zweidrittelmehrheit für eine Vertragsverlängerung bekommen. Nur ein Votum fehlte dem Vorstandsvorsitzenden, der seit 2003 den Fußball-Bundesligisten führt und zuletzt hartnäckig um seinen Job kämpfte.
„Wir haben dem HSV einen Kompromissvorschlag unterbreitet, den wir für mehrheitsfähig erachtet haben. Die Mehrheit war zwar da, sie war nur nicht ausreichend. Das nehmen wir erst mal so zur Kenntnis“, sagte Hoffmann der „Welt“. Nach Informationen der Zeitung soll Hoffmann als Kompromiss eine Vertragsverlängerung von 18 Monaten vorgeschlagen haben.
Seit Wochen war in dem zwölfköpfigen Gremium über eine weitere dreijährige Amtszeit Hoffmanns über das Jahresende hinaus diskutiert worden. Nicht nur Günter Netzer nannte die Indiskretionen aus dem Rat über mögliche Nachfolger unwürdig. Um seine Kritiker umzustimmen, hatte das Vorstandsduo in einer Mail die Bereitschaft zur verkürzten Verlängerung erklärt. „Nun ist der Zeitdruck weg, ich gehe davon aus, dass beide bis zum Jahresende professionell weitermachen werden“, sagte Rieckhoff, „die beiden werden sich jetzt mal durchschütteln und dann ihre Arbeit weiterführen“.
„Im Laufe des Jahres“ sollen Nachfolger für die beiden Posten gefunden sein. Über Namen wollte der Ratsvorsitzende sich nicht äußern, im Gespräch soll der Norweger Björn Gulden sein, der aber beruflich noch bis Ende 2012 an eine Schuhfirma gebunden ist.
Dass Hoffmann, der bis zuletzt um die Gunst der Funktionäre rang, bis Ende 2011 in seinem gläsernen Büro am Volkspark die Geschäfte führen wird, ist kaum vorstellbar. Es wird schon spekuliert, ob bei einem vorzeitigen Abschied des 48-Jährigen ein Platzhalter den HSV vorübergehend führen soll. Doch durch die Verkündung ist bei dem Club, der nach Bayern München mit einem Umsatz von 146 Millionen Euro der umsatzstärkste in Deutschland ist, ein Vakuum entstanden.
Die Zukunft von Trainer Armin Veh ist ungeklärt, Sportvorstand Frank Arnesen kommt erst im Sommer vom FC Chelsea und etliche Spielerverträge laufen aus. Kann Hoffmann noch die Verhandlungen mit möglichen Veh-Nachfolgern führen? Wie ernst wird er da noch genommen? Dass nun Ruhe in den Verein einkehrt, dessen viel zu großer und mächtiger Aufsichtsrat schon bei der Sportchefsuche ein amateurhaftes Bild abgab, ist Wunschdenken des Vorsitzenden Rieckhoff, der versucht, den so uneinigen Rat beisammenzuhalten.
Profis wie Frank Rost, Marcell Jansen und Mladen Petric mahnen schon lange, dass die Nebengeräusche irgendwann nicht mehr spurlos an den Spielern vorbeigehen. Seit drei Jahren sei er im Verein, sagt Jansen, zwei Jahre davon habe es Hickhack in der Führung und ständige Trainerwechsel gegeben. Rost wurde noch deutlicher: „Es ist nicht einfach, hier als Spieler zu spielen“. Natürlich müsse man sich der Kritik nach der schlechten Leistung gegen Mainz stellen, aber wenn immer alles schlecht geredet werde, sei die Verunsicherung im Team auch groß.
Auch Veh ist am Ende mit seiner Geduld und muss sich auf die Zunge beißen, um seinem Unmut über die ungewisse Zukunftsplanung des Bundesliga-„Dinos“ keinen Lauf zu lassen. Demnächst wird er sich zu einem „Vier-Augen-Gespräch“ mit Arnesen treffen, danach wird es wohl klar sein, ob es möglicherweise mit dem bei der Mannschaft beliebten Coach weitergeht. Doch auch da stehen die Zeichen auf Abschied.