Wie Coach Nagelsmann Hoffenheim belebt

Sinsheim (dpa) - Sechs Spiele haben Hoffenheims Coach Julian Nagelsmann genügt, um auch die größten Skeptiker ins Staunen zu versetzen.

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Neue Taktik, erhöhte Geschwindigkeit und jede Menge Selbstbewusstsein - wie sehr sich 1899 Hoffenheim unter dem jüngsten Trainer der Fußball-Bundesliga in so kurzer Zeit verändert hat, ist beeindruckend. Und die Arbeit des 28-Jährigen hat auch seinen Chef erfasst. „Ich spüre, dass da etwas entstanden ist in den Spielern“, sagte Manager Alexander Rosen nach dem 1:0 über Champions-League-Viertelfinalist VfL Wolfsburg. Treffender fasste es nur der Stadionsprecher zusammen: „Liebe Fußballfreunde, wir sind wieder da!“

Dank Nagelsmann schöpfen die vor wenigen Wochen noch abgeschlagenen Hoffenheimer neuen Mut im Abstiegskampf. Nur weil Eintracht Frankfurt ein Tor mehr geschossen hat, stehen die mit 24 Zählern punktgleichen Kraichgauer noch nicht auf dem Relegationsrang. In den bisher sechs Spielen unter Nagelsmann holte Hoffenheim zehn Punkte, das 1:0 gegen Wolfsburg war der dritte Heimsieg in Serie. Was macht er anders? Rosen antwortet darauf wieder etwas schwammig. „Man sieht, da ist eine Verbindung da“, meinte er mit Blick auf die Beziehung zwischen Spielern und Trainer.

Deutlich konkreter ist das, was man auf dem Platz sieht. Hoffenheim agiert taktisch extrem flexibel, in fast jedem Spiel lässt Nagelsmann sein Team in einer neuen Grundordnung auflaufen - immer auf den jeweiligen Gegner zugeschnitten. Dazu spielt sein Team nicht mehr auf Sicherheit bedacht wie unter Vorgänger Huub Stevens. Dritte Zutat: Kampfgeist. Denn: „Wir dürfen keine Sekunde nachlassen. In der komfortablen Situation sind wir leider nicht“, sagte Nagelsmann.

Im Kampf um die internationalen Ränge der Liga sind auch die Wolfsburger alles andere als in einer komfortablen Situation. Für den Champions-League-Viertelfinalisten ist die erneute Qualifikation für die Königsklasse nach der Pleite in weite Ferne gerückt. „Im Stile einer Champions-League-Mannschaft haben wir heute keinen Moment gespielt“, sagte Wolfsburgs Geschäftsführer Klaus Allofs. Auch das Urteil von Trainer Dieter Hecking fiel ernüchternd aus: „Präsenz im Strafraum, Qualität der Hereingaben - all das war heute unbefriedigend“, sagte der frustrierte Coach.

Wie es in der Offensive effektiver geht, zeigte Nagelsmanns Team in Person von Andrej Kramaric. Für den kroatischen Leihspieler, der im Winter vom englischen Überraschungsteam Leicester City gekommen war, war das frühe Tor (3. Minute) zum 1:0 bereits sein insgesamt drittes im neuen Trikot. „Das war ein perfekter Moment“, sagte der Angreifer, der beim Tabellenführer der Premier League nur selten spielte. Für den Vorletzten der Bundesliga könnte er im Kampf um den Klassenverbleib zum Schlüsselspieler werden.