Schalke 04 Wie sich Schalke 04 selbst zerlegt

Nach dem 0:3 beim FC Bayern reagiert Horst Heldt genervt auf Pläne seines Nachfolgers. Breitenreiter wackelt, Tönnies schweigt.

Trainer Andre Breitenreiter von Schalke gestikuliert.

Trainer Andre Breitenreiter von Schalke gestikuliert.

Foto: Andreas Gebert

Gelsenkirchen/München. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Protagonisten die Nerven zu verlieren drohten. Das Spiel des FC Schalke 04 beim FC Bayern sorgte dafür, dass sich der Ruhrgebietsklub erneut als unzähmbarer Verein präsentiert, der wieder kopf- und führungslos ins Chaos abdriftet. Dabei hatte der erneut schwache Auftritt der Schalker Profis beim 0:3 gegen den übermächtigen Rekordmeister wenig Einfluss auf die Gemütslage. Womöglich war die Niederlage, für die Robert Lewandowski (54./65) mit seinen zwei Treffern und auch noch Arturo Vidal (73.) sorgten, nur der Katalysator für außergewöhnlichen Reaktionen.

Vor allem Manager Horst Heldt hatte genug von den vielen „Störfeuern“ rund um den Verein. Zunächst verärgerten Heldt die Diskussionen um Trainer André Breitenreiter. Ein Mitarbeiter des TV-Senders „Sky“ konfrontierte Breitenreiter unvermittelt damit, dass er sichere Informationen habe, dass der Trainer nur noch fünf Spiele in der Verantwortung auf Schalke stehen werde. Breitenreiter reagierte naturgemäß gereizt darauf und drohte damit, das Interview abbrechen zu wollen („Das muss ich mir nicht bieten lassen.“). Dann sagte der 43-Jährige: „Fakt ist, dass ich noch einen Vertrag habe für ein Jahr. Ich bin Schalke-Trainer und das werde ich auch in der nächsten Saison sein.“

Heldt empfand das Vorgehen des Reporters als Respektlosigkeit und tadelte ihn nach dem Spiel vor laufenden Kameras. „Diese Diskussion ist absolutes Gift für uns. Es ist nicht in Ordnung, wie Sie vor dem Spiel fünfmal André Breitenreiter dazu befragt haben. Das ist nicht respektvoll“, befand Heldt. Und einmal in Rage richtete sich der Noch-Manager dann abseits der Kameras auch noch gegen seinen Nachfolger Christian Heidel: Der hatte angekündigt, die Geschicke des Klubs bereits früher als geplant übernehmen zu wollen. Eben dann, wenn Heldt noch da ist. „Es wäre gut, wenn sich einige jetzt ein wenig zurückziehen und nicht darüber sprechen, ob ihr Vertag ab 1. Juni läuft oder sie ab dem 16. Mai für Schalke zuständig sind“, sagte Heldt genervt. „Man muss uns jetzt unsere Arbeit machen lassen und jeder sich auf seine Verantwortung konzentrieren — und ich bin bis zum 30. Juni auf Schalke verantwortlich.“

Bemerkenswert war Breitenreiters Auskunft im ZDF, sich erst einmal mit Heidel zum Gedankenaustausch getroffen zu haben. Als neuer Trainer wird Markus Weinzierl vom FC Augsburg gehandelt. Torwart Ralf Fährmann spricht sich derweil für Breitenreiter aus: „Wir haben einen überragenden Trainer.“ Die Nerven liegen bei allen Beteiligten blank. Heidel wird bereits mitten in den Planungen für die neue Saison bei den Schalkern stecken. Heldt ist derweil in Zukunftsfragen kaum noch involviert und arbeitet ab. Eine Konstellation, die zwangsläufig zu Spannungen führen muss.

Derjenige, der für diese kuriose Aufgabenverteilung verantwortlich ist, hält sich aus der Öffentlichkeit zurück. Aufsichtsratschef Clemens Tönnies verweigert bis heute ein öffentliches Bekenntnis zu André Breitenreiter. Zudem vertraut er auf das Pflichtbewusstsein von Heldt, der bislang ohne Murren alles erledigt hat, was zu seinem verbliebenen Aufgabenfeld gehört. Und er setzt auf die Innovationen von Heidel, die er mit dem Mainzer (Noch-) Manager im Verborgenen aushandelt. Tönnies scheint darauf zu vertrauen, dass die Geschehnisse spurlos an ihm vorbeigehen. Der Fleischfabrikant wirbt bei den Fans gerade intensiv darum, dass er als Chef des Aufsichtsrats wiedergewählt wird. Allerdings scheint diese missliche Personalsituation gerade eine Eigendynamik zu entwickeln, die aus dem Ruder zu laufen droht — und die Clemens Tönnies womöglich hart treffen könnte.