Zu großer Druck: Depression Grund für Rafati-Drama
Hannover (dpa) - Depressionen wegen des wachsenden Leistungsdrucks waren der Grund für den Suizidversuch von Bundesliga-Schiedsrichter Babak Rafati.
Diese Diagnose machte der Anwalt des Referees sechs Tage nach Rafatis Verzweiflungstat publik und beendete damit am Freitag die anhaltenden Spekulationen um die Motive. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) begrüßte das öffentliche Bekenntnis und sagte Rafati „jede Hilfe“ zu.
„Im persönlichen Empfinden von Herrn Rafati wurde vor allem ein wachsender Leistungsdruck für ihn als Schiedsrichter und der damit verbundene mediale Druck in Kombination mit der ständigen Angst, Fehler zu machen, zu einer immer größeren Belastung“, erklärte Rafatis juristischer Vertreter Sven Menke in Hannover.
Dieser Belastung habe sich Rafati, der im Fachmagazin „Kicker“ von den Bundesliga-Profis dreimal zum schlechtesten Schiri gewählt worden war, am Ende nicht mehr gewachsen gefühlt. „Von den behandelnden Ärzten wurde bei Herrn Rafati in den vergangenen Tagen eine Depressionserkrankung diagnostiziert“, teilte der auf Steuerrecht spezialisierte Anwalt mit.
„Es ist ein wichtiger und richtiger Schritt von Babak Rafati, sich dieser Krankheit zu stellen und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen“, ließ DFB-Präsident Theo Zwanziger in einer Stellungnahme mitteilen. „Wir wünschen ihm jetzt viel Ruhe und Kraft für seine Genesung und werden ihn mit all unseren Möglichkeiten unterstützen.“ Rafati stünden selbstverständlich auch die Hilfsangebote der Robert-Enke-Stiftung zur Verfügung, die sich seit ihrer Gründung im Jahr 2010 mit dem komplexen Krankheitsbild Depressionen beschäftige, hieß es in der DFB-Mitteilung.
Die Stiftung wurde nach dem Tod von Robert Enke gegründet. Der Nationaltorwart von Hannover 96 hatte lange an Depressionen gelitten. Seine Erkrankung war erst nach seiner Selbsttötung vor zwei Jahren bekanntgeworden.
Bei Rafati seien die mit einer Depression „einhergehenden Symptome“ vor etwa anderthalb Jahren erstmals aufgetreten und hätten sich zuletzt verstärkt, teilte Anwalt Menke mit. Am vergangenen Samstag hatte Rafati vor seinem Einsatz beim dann abgesagten Spiel Köln gegen Mainz in einem Hotel versucht, sich das Leben zu nehmen. Seit seiner Entlassung aus einem Kölner Krankenhaus ist der 41-Jährige in stationärer Behandlung. „Er hat sich in fachärztliche Behandlung begeben, um die Ursachen therapieren zu lassen. Wie lange dies dauern wird, ist derzeit nicht absehbar“, schrieb sein Anwalt.
Rafatis Ziel sei, wieder als Schiedsrichter tätig zu sein. Der Schiedsrichter-Chef beim DFB, Ex-Referee Herbert Fandel, hatte in dieser Woche Rafatis Zukunft als Unparteiischer als offen bezeichnet. Fandel hatte zudem den öffentlichen Druck auf die Schiedsrichter kritisiert. Der ehemalige Weltschiedsrichter Markus Merk hatte dem scharf widersprochen und in der „Nordsee-Zeitung“ davor gewarnt, die Referees „künftig in Watte zu packen“.
Wegen dieser Spekulationen sah sich Rafati nun genötigt, über seinen Anwalt an die Öffentlichkeit zu gehen. Weder „private“ noch „familiäre Probleme“ - wie bisweilen spekuliert - seien die Ursache für Rafatis Verzweiflung gewesen. „Es ist ein dringendes Anliegen von Herrn Rafati, diesen falschen Eindruck zu korrigieren“, erklärte Menke, der sich nun vor allem Ruhe für seinen Mandanten erhofft. „Er bittet darum, ihm die Ruhe und Zeit zu geben, die er jetzt für seinen Genesungsprozess benötigt“, appellierte der Anwalt.