Barça vor Aufholjagd: Erst Clásico, dann Chelsea
London (dpa) - Der kleine Lionel Messi schlich mit gesenktem Kopf wortlos an den Reportern vorbei durch den Londoner Regen zum Mannschaftsbus. Derweil lief Roman Abramowitsch vergnügt wie nach einem unverhofften Casino-Gewinn mit seinem Freundes-Clan quer über den Rasen der Stamford Bridge.
Selten hat es ein ungerechteres Fußball-Ergebnis gegeben als Chelseas 1:0-Hinspielsieg gegen die Katalanen in der Champions League. „Barça spielt, Chelsea gewinnt“, titelte das Sportblatt „As“ nach Chelseas Abwehrschlacht. Und auch wenn Barca-Trainer Josep Guardiola das Halbfinal-Rückspiel eine „herrliche Herausforderung“ nennt: mit dem „Clásico“ und dem Chelsea-Duell steht Barca nun vor einer doppelten Aufholjagd.
„Das Resultat wird keinen Einfluss haben. Wir müssen uns jetzt ausruhen und werden uns dann auf den Clásico vorbereiten“, meinte Guardiola vor dem Duell gegen den Erzrivalen Real Madrid am Samstag. Vier Punkte sind die Königlichen derzeit in der Primera División voraus. „Es zählt nur der Sieg, um die Liga noch zu gewinnen. Wir wollen eine große Partie zeigen“, kündigte Andrés Iniesta an.
Immerhin ist das Real-Team von José Mourinho derzeit genauso im Terminstress und nach dem 1:2 beim FC Bayern München unter Druck. „Beide spanische Clubs müssen nun innerhalb von vier oder fünf Tagen gleich zweimal um ihr Leben spielen“, schrieb die Tageszeitung „El Periódico“ martialisch. Mit Hochspannung wird das Aufeinandertreffen der beiden 41-Tore-Megastars Messi und Cristiano Ronaldo erwartet.
Während Madrid in München in der zweiten Hälfte auch für seine pomadige Auf-Ergebnis-Spielerei bestraft wurde, musste sich Barça bei seiner dritten Niederlage in den vergangenen 63 Pflichtspielen keine Vorwürfe machen: 72 zu 28 Prozent Ballbesitz, 814 zu 209 Pässe, 24 zu 4 Chancen, darunter Latte und Pfosten. „Manchmal hatte man das Gefühl, Barça habe 20 Spieler auf dem Platz“, staunte Chelseas Interimserfolgscoach Roberto Di Matteo. Obwohl die Katalanen im Camp Nou seit 54 Spielen ungeschlagen sind, warnte Guardiola: „Chelsea ist der Favorit.“ Di Matteo taxiert die Chancen auf „50:50“.
Bei Chelsea war einmal mehr Sturm-Recke Didier Drogba mit seinem Tor direkt vor der Halbzeit der Matchwinner (45.+2. Minute). „Es war eines der wichtigsten Tore meiner Karriere“, sagte der 34-Jährige. „Er lebt für diese großen Nächte“, sagte Chelsea-Kapitän John Terry. Der Abwehrchef selbst hielt mit zwei gebrochenen Rippen die Defensive zusammen.
Auch das gern als überaltert verspottete Chelsea hat ein heißes Londoner Derby vor der Brust: am Samstag im Emirates Stadium beim FC Arsenal. „Bei uns ist jeder fit, wir können rotieren“, sagte Petr Cech, der Torwart des Premier-League-Sechsten. „Das ist für uns ein gewaltiges Spiel. Die Champions-League-Qualifikation ist ein Muss.“
Aus dem Semifinal-Quartett kann es einzig der FC Bayern als abgeschlagener Bundesliga-Zweiter bei Werder Bremen ruhig angehen lassen. Boris Becker tippte via Twitter auf seine Lieblingsclubs: „Das sieht für mich aus wie ein Finale Bayern gegen Chelsea.“