Bayer-Coach Dutt erlöst: Stein vom Herzen gefallen
Leverkusen (dpa) - Eines der verrücktesten Spiele in der Geschichte von Bayer Leverkusen soll das Krisengerede beenden, das Wir-Gefühl stärken und die Kluft zum umstrittenen Trainer Robin Dutt überbrücken.
„Das Verhältnis ist gut, alles sehr positiv“, versicherte Sidney Sam. Nach seinem 2:1-Siegtreffer (56. Minute) im Champions-League-Spiel gegen den FC Valencia war er zum Chefcoach gesprintet, um ihn zu herzen. „Ich verstehe mich gut mit dem Trainer. Er hat es verdient“, begründete er seinen „Demonstrationszug“ über den halben Platz.
Auch André Schürrle, der vier Minuten vor Sam den Ausgleich nach dem Führungstor des Spaniers Jonas (24.) erzielt hatte, übte den Schulterschluss mit Dutt. „Wir haben kein Problem mit allem und verstehen uns in der Mannschaft gut“, berichtete der Nationalspieler. Etwas zurückhaltender äußerte sich Michael Ballack, der mit seinem genialen Pass auf Sam Mit-Wegbereiter des Sieges war, zum Binnenverhältnis im Werksclub. „Ich denke, man sollte es nicht überbewerten, wenn man mal zum Trainer läuft oder nicht“, sagte der 35-Jährige. „Die Mannschaft ist intakt.“
Daran mochte man zumindest in der ersten Spielhälfte wirklich nicht glauben, in der eine völlig verunsicherte Bayer-Elf an einem möglichen Debakel vorbeischlitterte. „Das war ziemlich das Schlechteste , was ich als Fußballer mitgemacht habe“, meinte Ballack. „Wir konnten glücklich sein, nur 0:1 hinten zu liegen, mussten uns zusammenraufen. Schlechter konnte es nicht mehr werden“, sagte Schürrle.
„Das war eine Energieleistung. Da ist uns ein großer Stein vom Herzen gefallen“, lobte Dutt das Aufbäumen. „Ich hoffe, dass uns dies den Schub gibt, den wir brauchen. Heute war es etwas ganz Besonderes, dieses Spiel zu gewinnen.“ Für ihn war es nach wochenlangem Kreuzfeuer der Kritik Erleichterung und Erlösung zugleich - und die Solidaritätsaktion von Sam eine rührende Geste, die Dutt aber nicht überbewerten wollte: „Es ist es schön, wenn ein Spieler zur Bank kommt, doch es war vor allem eine schöne Gemeinschaftsleistung.“
Überhaupt versuchte der 46-Jährige den Eindruck zu erwecken, als ob zwischen ihn und die Mannschaft kein Blatt Papier passt. „Ich zähle mich als Teil der Mannschaft und will nicht als Hauptinitiator der zweiten Halbzeit angesehen werden“, antwortete Dutt auf die Frage, was in der Pause in der Kabine los war.
Nun wünscht er sich, dass mit dem Sieg, mit dem das Tor zum Achtelfinale weit offen steht, Ruhe einkehrt. „Man erhofft es sich, doch mit einem Spiel ist für mich nicht alles in Ordnung. Die Mannschaft hat aber gezeigt, was sie zu leisten imstande ist“, sagte Dutt. „Der Last-Minute-Punkt in Mönchengladbach und der Sieg gegen Valencia tun uns gut“, meinte Schürrle. „Nun hoffen wir, am Sonntag gegen Schalke gleich das Gesicht der zweiten Halbzeit zeigen können.“