Das Ausland schwärmt von BVB-Coach Klopp
Dortmund (dpa) - Die Frage eines englischen Journalisten brachte selbst den schlagfertigen Jürgen Klopp kurz ins Grübeln. Sich vorzustellen, was aus ihm geworden wäre, wenn er nicht als Fußball-Lehrer sein Geld verdienen würde, fiel ihm schwer.
„Ich hätte vermutlich Fernsehen machen müssen - eine Nachmittagssendung. Über Themen sprechen, die mich nicht interessieren und dabei freundlich lächeln“, antwortete er. Schmunzelnd fügte der Dortmunder Coach hinzu: „Da ich handwerklich nicht so begabt und nicht der Schlaueste bin, kann ich froh sein, dass es so gekommen ist, wie es ist. Dass ich das einzige, was ich wirklich gut kann, als Beruf ausüben darf.“
Für Klopp ist der Job mehr als nur Broterwerb. Kaum einer seiner Kollegen geht die Aufgabe als Fußball-Lehrer mit größerer Leidenschaft an. Das Rätselraten der vielen ausländischen Medienvertreter, was die Aufschrift „Pöhler“ auf seiner Kappe bedeuten könnte, beendete der Coach mit einem authentischen Bekenntnis: „Wer sich am Sonntagmittag auf der Wiese trifft, der geht zum Pöhlen. Der Ursprung dieser Idee war die Liebe zum Spiel. Und die will ich mit der Kappe zum Ausdruck bringen.“
Nicht nur Klopps Sachverstand, sondern auch seine Fähigkeit als medienkompatibler Entertainer kommen im Ausland gut an. Spätestens seit dem Einzug in das Champions-League-Finale genieß er auch außerhalb Deutschlands höchste Wertschätzung. Staunend kommentierte Europa in den Tagen vor dem Duell gegen den FC Bayern den wundersamen Aufstieg des noch 2005 von der Insolvenz bedrohten Revierclubs und sprach Klopp dabei die größten Verdienste zu. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der den BVB mit großem kaufmännischen Geschick aus der Krise manövrierte, hat damit keine Probleme: „Für uns gibt es weltweit keinen besseren Trainer.“
Ähnlich euphorisch fallen die Bewertungen der Dortmunder Profis aus. „Er hat über die Jahre hier sehr, sehr viel bewegt. Unser Spiel hat sich dramatisch verändert“, schwärmte der 33 Jahre alte Routinier Sebastian Kehl, der als dienstältester BVB-Profi einige Trainer kommen und gehen sah. Fast genauso lange ist BVB-Torhüter Roman Weidenfeller dabei: „Jürgen Klopp lebt die Leidenschaft vor und versucht, sich und sein Team jeden Tag zu verbessern.“
Sein Versprechen beim Amtsantritt im Sommer 2008, beim BVB für „Vollgas-Veranstaltungen“ zu sorgen, hat der von Sportdirektor Michael Zorc im positiven Sinne als „Menschenfänger“ charakterisierte Klopp gehalten. Trotz schwieriger finanzieller Bedingungen leitete er nach seinem Wechsel vom FSV Mainz 05 nach Dortmund zusammen mit Watzke und Zorc einen beispiellosen und kostengünstigen Umbruch ein. Nach zwei Meisterschaften (2011/2012) und einem Pokalsieg (2012) greift die Borussia wie schon 1997 nach Europas Fußball-Krone.
Vor allem sein Umgang mit Talenten sucht seinesgleichen. Unter der Regie des 45 Jahre alten Diplom-Sportlehrers schafften Jungprofis wie Mats Hummels, Sven Bender, Marcel Schmelzer, Mario Götze und Kevin Großkreutz den Sprung in die deutsche Nationalmannschaft. Solche Erfolgsgeschichten treiben Klopp an: „Es ist ein großes Glück, dabei zu sein, wie die Jungs erwachsen werden. Wie sie aus Talent Qualität machen. Wie sie bereit sind, sich so einzubringen, dass Wunder möglich sind.“
Längst gehört Klopp zu den begehrtesten Trainern in Europa. Wo immer zuletzt bei einem ambitionierten Club eine Stelle frei wurde, kam sein Name ins Spiel. Doch die BVB-Führung ist guter Dinge, dass der Erfolgsgarant dem Werben widersteht. „Ich weiß, dass sich in Europa ein großes Trainerkarussell zu drehen beginnt. Aber seien Sie sich sicher, dass Jürgen in den nächsten Jahren bei uns Trainer sein wird“, sagte Sportdirektor Michael Zorc. Klopp pflichtete bei: „Dortmund ist für mich das interessanteste Fußball-Projekt der Welt. Wenn mich in drei, vier Jahren jemand will, können wir reden.“