Heynckes kann sich Bayern-Denkmal setzen
München (dpa) - Eine kleine Nachbildung der begehrtesten Trophäe des europäischen Club-Fußballs hat Jupp Heynckes längst zu Hause. „Die steht irgendwo im Büro, aber da bin ich ja selten. Ich schaue mir das nicht täglich an“, sagte der 67-Jährige.
1998 reckte er als Trainer von Real Madrid die 62 Zentimeter hohe und 7,5 Kilogramm schwere Trophäe in die Höhe und bekam vor seiner folgenden Entlassung die „dickste Prämie meiner gesamten Laufbahn“. Nun kann er als dritter Trainer nach José Mourinho (FC Porto/Inter Mailand) und Ottmar Hitzfeld (Borussia Dortmund/FC Bayern) zum zweiten Mal die Champions League gewinnen - und sich ein Bayern-Denkmal setzen.
„Er durfte den Titel schon einmal gewinnen und will ihn wieder haben. Der Trainer ist genauso heiß wie wir Spieler“, berichtete Philipp Lahm. „Er hat sehr viel dazu beigetragen, dass wir im Finale sind“, betonte der Kapitän. Vor allem die große Routine von Heynckes soll ein Trumpf im Kampf gegen den FC Chelsea werden. „Ich glaube, dass der Trainer jetzt ganz wichtig ist für unsere Mannschaft mit seiner großen Erfahrung“, betonte Arjen Robben. „Es ist wichtig, das Richtige zu sagen, die Mannschaft vorzubereiten und zu stimulieren.“
Heynckes hat keine Zweifel, dass ihm das gelingen wird. „Ich habe die ganze Palette rauf und runter erlebt. Deswegen denke ich, ist es sicher von Vorteil, wenn man vor solch einem Endspiel so einen immensen Erfahrungsschatz hat. Bei solch einer Begegnung ist man von Grund auf als Spieler unter Spannung, unter Druck und nervös. Und wenn man dann noch einen Trainer hat, der auch rumzappelt, dann ist das ganz schwierig“, schilderte er.
Einen Tag vor dem Finale demonstrierte Heynckes in der Münchner Arena Gelassenheit. „Ich denke, dass es gerade in der jetzigen Situation für Mannschaft und Club ganz wichtig ist, dass ich eben die Ruhe ausstrahle wie ich das eigentlich über die ganze Saison getan habe“, betonte Heynckes. Direkt unterhalb der Pokal-Abbildung war der Coach gar zu Scherzen aufgelegt und verriet, dass er sich zur Einstimmung noch einmal Ausschnitte der Spiele auf dem Weg in das Heim-Finale angeschaut hatte. Und dort soll ihn nichts mehr aus der Ruhe bringen. „Man hat alle Szenarien schon durchgespielt in seiner Laufbahn als Trainer und Spieler“, erklärte Heynckes.
Zum dritten Mal führte ihn diese Trainerkarriere, die im Sommer 1979 bei Borussia Mönchengladbach begann, zum FC Bayern. Nach den menschlichen Wirrungen der Amtszeit von Louis van Gaal und dem spektakulär gescheiterten Experiment mit Reformer Jürgen Klinsmann war und ist der Moderator Heynckes der Ruhestifter, den die Münchner brauchten.
Für Karl-Heinz Rummenigge war er bereits vor dem Finale der „Mann des Jahres“. „Wie er den Job interpretiert hat, wie er die Ruhe bewahrt hat, und wie er auch in unruhigen Zeiten immer die richtigen Lösungen präsentiert hat, das war erstklassig, das hat mir imponiert“, sagte der Vorstandschef. Kaum vorstellbar, wie die Lobeshymnen im Falle eines Triumphes am Samstag ausfallen würden.
Ein Sieg gegen den FC Chelsea wäre der „krönende Abschluss“ für die Bayern-Saison - nicht aber für den Trainer in seiner Schaffensphase. Heynckes, Rummenigge und auch Präsident Uli Hoeneß wiesen die Gedankenspiele eines Rücktritts im Falle des Sieges weit von sich. „Jupp Heynckes wird auch im nächsten Jahr unser Trainer sein. Jupp ist keiner, der aus einer Emotion heraus fahnenflüchtig wird. Das lässt sein Charakter gar nicht zu“, versicherte Hoeneß.
Bis 2013 läuft der Vertrag des 67-Jährigen, der einen Tag vor seinem Spiel des Jahres auch über sein Alter scherzte. Auch wenn deutsche Mannschaften eine positive Bilanz gegen Engländer vom Punkt hätten, solle man ein drittes Elfmeterschießen in dieser Saison nach denen gegen Mönchengladbach und Madrid bitteschön vermeiden, sagte Heynckes. In seinem Alter müsse man schauen, dass das Herz solche Krimis übersteht.