Kein Fernweh: Matchwinner Lewandowski straft Kritiker

London (dpa) - Auch der strömende Regen hielt Robert Lewandowski nicht davon ab, den besonderen Moment minutenlang auszukosten. Arm in Arm mit seinen ebenfalls klatschnassen Teamkollegen stand der Matchwinner noch lange nach dem Schlusspfiff vor der Gäste-Tribüne.

Gemeinsam feierten die Dortmunder Spieler mit den rund 5000 BVB-Anhängern ausgelassen das 2:1 (1:1) beim FC Arsenal. „Diese Atmosphäre mit den Fans ist der Wahnsinn“, schwärmte der im Sommer scheidende Torjäger. Mit seinem Treffer hatte der Pole den Coup perfekt gemacht. „Den Sieg haben wir nach unserer Niederlage in Neapel gebraucht“, fügte er sichtlich bewegt an.

Für einen, der schon vor dieser Saison liebend gern das Weite gesucht hätte und deshalb mit seinem Arbeitgeber monatelang über Kreuz lag, klang das fast wie eine Liebeserklärung. Trainer Jürgen Klopp nutzte die Chance, um die Theorien über den angeblich unmotivierten und von Fernweh geplagten Profi aus der Welt zu schaffen: „Man kann mir aus verschiedenen Gründen vertrauen, wenn ich sage, dass Robert alles für diese Mannschaft gibt.“

Dank des von Außenverteidiger Kevin Großkreutz brillant vorbereiteten Tores des polnischen Nationalspielers (82.) steht die Borussia nach dem Fehlstart von Neapel (1:2) und dem 3:0 über Marseille glänzend da. Diesmal überzeugte der Finalist der vorigen Saison nicht mit filigranem Angriffsfußball, sondern mit Disziplin in der Defensive und ungewohnter Effektivität beim Verwerten der Chancen. „Wir haben auch schon 30 Mal aufs Tor geschossen und keinen rein gemacht. Heute waren es gefühlt drei Schüsse - und zwei Tore. Das sehe ich als Entwicklungsschritt“, urteilte Klopp.

Sichtlich erleichtert lag der von der UEFA erneut auf die Tribüne verbannte Fußball-Lehrer seinen Sitznachbarn Reinhard Rauball und Hans-Joachim Watzke nach dem Schlusspfiff in den Armen. Ähnlich euphorisch wie Klopp ließ BVB- und Ligapräsident Rauball das unspektakuläre, aber kampfbetonte Aufeinandertreffen der beiden normalerweise für ihre Offensivkultur gerühmten Teams Revue passieren: „Wenn es jemals eine Mannschaft gegeben hat, die den Willen hat, dann ist es diese.“

Mit dem Big Point in London schloss die Borussia in der Gruppe F mit sechs Zählern zu den punktgleichen Kontrahenten FC Arsenal und SSC Neapel auf. „Die Todesgruppe wird unangenehm als Lewandowski die Gunners versenkt“, urteilte das britische Boulevardblatt „Mirror“. Für den Revierclub ist von Vorteil, noch zwei der drei restlichen Gruppenspiele vor heimischer Kulissen bestreiten zu können. „Wir sind wieder voll im Rennen“, befand Klopp, der sein Team nach zuletzt zweieinhalb Spielen im „Exil“ künftig wieder von der Trainerbank aus betreuen kann.

„Große Genugtuung“ empfand Geschäftsführer Watzke. Den jüngsten Medienhype um den von Neuzugang Mesut Özil wachgeküssten FC Arsenal bezeichnete der BVB-Geschäftsführer als übertrieben: „Man konnte bei der Lektüre deutscher Gazetten den Eindruck gewinnen, da spielen die Erfinder des Fußball gegen Borussia Dortmund, das auch mal in der Champions League mitspielen darf“, klagte er. „Es hat mich gefreut, dass wir die Relationen ein wenig geraderücken konnten.“

Vor Freude über den ersten Auswärtssieg auf europäischer Bühne seit elf Monaten überwanden die BVB-Profis am Ende der Jubelorgie die Werbebanden am Spielfeldrand, um ihrem begeisterten Anhang noch näher zu sein. Die Fans nutzten die Gunst der Stunde und erinnerten Lewandowski und Co. an die Aufgabe am kommenden Samstag beim Erzrivalen FC Schalke 04. Für die „Wir-wollen-den Derby-Sieg“-Sprechchöre der Fans brachte Mittelfeldstratege Nuri Sahin Verständnis auf: „Mit solch einem Sieg im Rücken werden wir das Spiel auf Schalke noch motivierter angehen“, versprach er.