Druck lastet auf Klopp-Elf Keine Ehrfurcht vor Liverpool: „Hoffe“ hofft auf Sensation
Liverpool (dpa) - Völlig entspannt verfolgte Jürgen Klopp das Abschlusstraining des FC Liverpool. Der deutsche Trainer stand an der Seitenlinie des „Melwood Training Centre“ und scherzte mit seinem Assistenten Zeljko Buvac herum.
Auch Klopp weiß genau: Alles spricht für sein Team, wenn die TSG Hoffenheim am Mittwoch (20.45 Uhr) in der Champions-League-Qualifikation an die Anfield Road kommt.
Der FC Liverpool siegte bereits im Hinspiel vor einer Woche mit 2:1. Außerdem konnte in der Geschichte des Fußball-Europapokals bislang noch nie ein deutscher Verein in dem legendären Stadion der Reds gewinnen. Warum sollte ausgerechnet ein Europacup-Debütant aus dem Kraichgau das schaffen, was so großen Namen wie Bayern München oder Borussia Dortmund über Jahrzehnte misslang?
Dafür spricht: Die Hoffenheimer glauben genau daran und stellen diesen Glauben auch sehr selbstbewusst zur Schau. „Es ist ein super Zeitpunkt, um Geschichte zu schreiben“, sagte Kerem Demirbay schon vor dem Abflug nach Nordengland. Am Dienstagabend erklärte dann auch Trainer Julian Nagelsmann in Anfield: „Ehrfurcht habe ich keine. Vorfreude dafür eine sehr große. Natürlich wissen wir, dass Liverpool ein sehr großer Club ist. Aber wir müssen uns hier nicht wegducken.“
Aus der Sicht der TSG Hoffenheim könnte dieser ruhmreiche Gegner tatsächlich besonders einschüchternd wirken. Als der FC Liverpool 2001 seinen siebten von bislang acht Europapokalen gewann, stieg der Dorfclub mit dem Geld des SAP-Gründers Dietmar Hopp gerade von der Ober- in die Regionalliga auf. Auf der anderen Seite braucht man sich mit historischen Vergleichen nicht groß zu belasten, wenn man zum ersten Mal überhaupt zu einem Europacup-Spiel reist.
„Es ist natürlich etwas Besonderes, in Liverpool zu spielen. Aber davon lassen wir uns nicht zu sehr beeindrucken. Wir haben unsere eigenen Ziele“, sagte Verteidiger Benjamin Hübner. „Das Hinspiel hat gezeigt, dass wir mithalten und sogar besser sein können. Wir sehen unsere Chance. Wir wollen das jetzt umso mehr schaffen.“
Finanziell gesehen macht es einen Unterschied von rund 15 Millionen Euro, ob ein Verein wie Hoffenheim die Champions League erreicht oder nur in der Europa League spielt. Start- und Fernsehgelder sind in der Königsklasse deutlich höher als im zweiten europäischen Wettbewerb. Sieht man aber einmal von dieser großen Menge Geld ab, hat der Bundesligist am Mittwoch in Liverpool nicht viel zu verlieren.
Denn klar ist: Der Druck lastet vor allem auf Klopps Team. Jeder in England erwartet von ihm, dass er den fünfmaligen Henkelpott-Gewinner zurück in die Champions League führt. „Für mich ist erst Halbzeit“, sagte der 50-Jährige am Dienstagabend mahnend. „Viele in England haben nicht erwartet, dass Hoffenheim so gut ist. Jetzt wissen hier alle, was ich schon vorher wusste.“
Hinzu kommt: Nicht nur der Druck ist bei den Reds größer, sondern auch die Unruhe. Denn Liverpools Antwort auf Ousmane Dembélé heißt Philippe Coutinho. Der Brasilianer wird beim Rückspiel gegen Hoffenheim wegen seiner Rückenprobleme fehlen, aber das viel größere Problem aus Sicht des Vereins ist: Auch der Brasilianer möchte um jeden Preis zum FC Barcelona wechseln und ist stinksauer auf den LFC, weil der offenbar eine 120-Millionen-Offerte aus Spanien ablehnte.
„Alles was außen herum geschrieben wird, muss man im Sport an sich abprallen lassen“, sagte Klopp dazu. „Wir haben ein ganzes Jahr hart dafür gekämpft, um diese Chance auf die Champions League zu haben. Jetzt wollen wir sie auch nutzen.“