Königlicher Sieg über Real - Dortmund feiert Schmelzer
Dortmund (dpa) - Sternstunden statt Lehrstunden: Nach ernüchternden Jahren auf internationaler Bühne sorgt Borussia Dortmund in der Champions League für Furore. Das königliche 2:1 (1:1) über die „Königlichen“ aus Madrid veranlasste selbst strenge Kritiker zu Lobeshymnen.
Es passte ins Bild von einem denkwürdigen Fußball-Abend, dass der zuletzt von Bundestrainer Joachim Löw kritisierte Marcel Schmelzer euphorisch gefeiert wurde. Mit leuchtenden Augen ließ der Torschütze den magischen Moment in der 64. Minute Revue passieren: „Wahnsinn. Gegen Real zu gewinnen und dann den Siegtreffer zu erzielen, davon habe ich schon als Kind geträumt.“
Als die meisten seiner Mitstreiter längst auf dem Heimweg waren, gab der ansonsten eher wortkarge Schmelzer noch immer bereitwillig Interviews. „Schlafen kann ich heute ohnehin nicht“, kommentierte der Nationalspieler den Coup der Borussia, die wie schon beim 1:1 drei Wochen zuvor bei Manchester City höchste Unterhaltung bot. BVB-Trainer Jürgen Klopp nutzte gleich das erste Interview nach dem Spiel beim Sender „Sky“ zu einem Seitenhieb Richtung Löw. „Was Marcel heute gespielt hat, ist von einem anderen Stern. Glückwunsch an Deutschland, solch einen Linksverteidiger zu haben.“
Auch Schmelzer empfand Genugtuung, erwähnte den Bundestrainer aber mit keiner Silbe. Dessen Kritik vor dem Länderspiel gegen Irland scheint den Blondschopf mehr zu beflügeln als zu belasten. Obwohl ihn der starke Real-Außenstürmer Angel di Maria in der Defensive mächtig forderte, wagte Schmelzer wieder und wieder Ausflüge nach vorn und wurde für diesen von Klopp angeordneten Mut belohnt. Sein Linksschuss ins lange Eck verwandelte die Dortmunder Fußball-Oper in ein Tollhaus. „Großartig, dass wir ihn haben. Aber eigentlich brauchen wir ihn gar nicht zum Toreschießen“, kommentierte Manndecker Mats Hummels.
Dank Schmelzer steht die Borussia in der Champions League - anders als in der Bundesliga - prächtig da. Selbst der zwischenzeitliche Ausgleich durch Cristiano Ronaldo (38.) nur 128 Sekunden nach der Führung von Robert Lewandowski warf sie nicht aus der Bahn. Der erste Sieg in der Vereinsgeschichte über das spanische Starensemble bescherte in der Giganten-Gruppe die Tabellenführung mit 7 Punkten vor Madrid (6), Amsterdam (3) und Manchester (1). Das erfüllte Fußball-Lehrer Klopp mit Stolz: „Ich werte das als wichtigen Fingerzeig. Es ist wichtig zu wissen, dass es auch auf diesem Niveau geht - auch wenn einem das nicht im Drei-Tage-Rhythmus gelingt.“
Anders als beim 1:2 im Revierderby gegen den FC Schalke 04 gelang es dem BVB diesmal, sein Potenzial zu zeigen. „Wir konnten die Schmach von Samstag wieder etwas vergessen machen“, kommentierte der bärenstarke BVB-Kapitän Sebastian Kehl den Aufschwung, der durch das Comeback von Schmelzer, Mario Götze und Ilkay Gündogan begünstigt wurde. Berauscht vom Erfolg über den spanischen Rekordmeister stellte Schmelzer einen Aufwärtstrend in der Bundesliga in Aussicht: „Um uns als Mannschaft muss man sich keine Sorgen machen. Wir werden unsere Saison spielen.“
Selbst die spanische Presse verneigte sich vor dem Sieger. „Diese Dortmunder repräsentieren ein großes Deutschland. Die Borussia kombiniert wie die Spanier und legt ein Tempo vor wie ihre Vorfahren“, urteilte „El Mundo“. Der als arrogant geltende José Mourinho schloss nach dem Spiel seinen Kollegen Klopp in die Arme und erwies ihm wenig später auch verbal Respekt: „Gute Trainer definieren sich über gute Resultate. Und die stimmen beim BVB.“
Der Portugiese hofft, sich für die Niederlage im Rückspiel am 6. November in Madrid revanchieren zu können. Mit einem vor Ehrfurcht erstarrten Gegner kann Mourinho dann aber nicht rechnen. „Der Druck für Real ist jetzt größer“, sagte Schmelzer mit Verweis auf die gute Ausgangsposition der Borussia. „Das wird unsere Chance sein.“