Nikosia feiert zyprisches Fußball-Wunder
Frankfurt (dpa) - Die Billig-Kicker von APOEL Nikosia trauten ihren Augen kaum: Bei ihrer Rückkehr nach dem historischen Einzug ins Achtelfinale der Champions League wurden sie trotz der Landung im Morgengrauen schon auf dem Rollfeld von den überglücklichen Fans bejubelt.
Die Nullnummer bei Zenit St. Petersburg sicherte dem Außenseiter als erstem zyprischen Club das Erreichen der K.o.-Runde. Im lokalen Fernsehen wurde der in Europas Meisterklasse weiter ungeschlagene Underdog sogar als „bester zyprischer Club der Geschichte“ gefeiert. In den Schulen wimmelte es nur so von APOEL-Schals.
„Ich bin gerade der glücklichste Mensch auf der Welt. Wir haben etwas erreicht, wovon niemand vor drei Monaten auch nur träumen durfte“, schwärmte Nikosias serbischer Trainer Ivan Jovanovic, der Architekt der zusammengewürfelten Überraschungstruppe, die bei ihrem Lauf durch die „Königsklasse“ auch Europa-League-Champion FC Porto 2:1 bezwungen hatte. Unmittelbar nach dem Ende der Live-Übertragung aus St. Petersburg kam der Verkehr vor dem APOEL-Vereinsgelände zum Stillstand, Hupkonzerte drangen durch die Nacht. Am Tag danach titelte die seriöse Zeitung „politis“ nur: „Danke.“
Dabei ist APOEL erst zum zweiten Mal in der Champions League dabei. Bei der Premiere in der Saison 2009/10 war der Club als Gruppenletzter sieglos ausgeschieden. „Wir sind ein kleiner Club, aber wir haben ein großes Herz und stehen verdient im Achtelfinale“, erklärte Jovanovic und freute sich gleich auf die nächsten großen Fußball-Abende: „Wir wollen mehr großartige Nächte feiern, nicht nur mit unseren eigenen Fans, sondern mit allen zyprischen Fans in der Heimat.“
Nur die unschönen Begleitumstände in St. Petersburg sorgten für einen bitteren Beigeschmack des Triumphs. Die Partie im Petrowski-Stadion stand wegen des Abbrennens von Pyrotechnik dicht vor dem Abbruch. Bundesliga-Schiedsrichter Felix Brych aus München musste das Spiel für mehrere Minuten unterbrechen, bis sich die Rauchschwaden verzogen hatten.
Jovanovic wollte sich damit nicht aufhalten. Nikosias Coach scheint den unerwarteten Ruhm, das hohe Lob von allen Seiten und die Aufmerksamkeit für seine „Nobodies“ sichtlich zu genießen. Das Team, eine Mischung aus unbekannten Profis aus Brasilien, Portugal, Griechenland und Zypern, bringt es zusammen nur auf einen Marktwert von 17 Millionen Euro. Der brasilianische Verteidiger Kaká zum Beispiel kam einst von Hertha BSC auf die Insel.
Wie so vieles auf Zypern hat auch APOEL Nikosia eine komplizierte Geschichte. Der 1926 gegründete Verein gilt als eng verbunden mit griechischen Nationalisten und spaltete sich nach dem Krieg sogar. Als sich der Club im griechischen Bürgerkrieg mit rechten Kräften solidarisierte, gründeten eher linke Vereinsmitglieder 1948 einen eigenen Verein.
Dem letzten Gruppen-Spieltag zu Hause gegen Schachtjor Donezk kann Nikosia ganz entspannt entgegensehen. Dank der neun Punkte aus den bisherigen fünf Partien ist sogar der Gruppensieg möglich. So oder so winkt in der Runde der letzten 16 das nächste rauschende Fest.