Deutsch-spanische Festspiele - Löw schwärmt

München (dpa) - Auch Joachim Löw schwärmt schon von den deutsch-spanischen Festspielen in der Champions League. Nie zuvor in der 57-jährigen Geschichte des bedeutendsten europäischen Cup-Wettbewerbs haben zwei deutsche Clubs das Halbfinale erreicht.

Jetzt geht es für die Bundesliga im Kräftemessen mit den spanischen Hochkarätern FC Barcelona und Real Madrid um die Vormachtstellung auf dem Kontinent. Vor der Auslosung der Vorschlussrunde am Freitag in Nyon freute sich Löw auf und über die „spannende Konstellation, die für mich auch ein Beleg dafür ist, dass in diesen beiden Ländern sehr moderner, extrem gut organisierter Fußball gespielt wird“.

Eine Situation, die in etwa auch das Kräfteverhältnis auf Nationalmannschaftsebene widerspiegelt. „Im Moment sind der deutsche und der spanische Fußball eindeutig die Nummer 1 in Europa, und es ist kein Zufall, dass die vier Mannschaften im Halbfinale sind“, erklärte Bayern-Präsident Uli Hoeneß nach dem überzeugenden 2:0 bei Juventus Turin. „Deutschland und Spanien - was für ein Halbfinale!“, twitterte Nationalspieler und Real-Stratege Mesut Özil. Das spanische Sportblatt „Marca“ schrieb: „Jetzt bietet sich die Gelegenheit zu klären, wer die Vorherrschaft führt.“ Spaniens Nationalelf hatte die Deutschen bei der EM 2008 und der WM 2010 im direkten Duell zuletzt noch ausgestochen.

Hoeneß wünscht sich auf dem Weg ins Endspiel am 25. Mai im Londoner Wembley-Stadion den BVB als nächsten Gegner. „Dortmund wäre mir im Halbfinale am liebsten. Aber wenn wir zuerst in Madrid oder in Barcelona spielen würden, kriegen wir auch nicht die Hosenflatter“, sagte der Bayern-Chef mit Blick auf den vermeintlich schwächsten Halbfinalisten BVB. Aber auch die Borussen gaben sich nach ihrem 3:2-Last-Minute-Sieg gegen Malaga äußerst angriffslustig. „Die vergangenen Jahre haben ja gezeigt, dass wir gegen die Münchner durchaus das ein oder andere Spiel gewinnen können. Da sollte sich Uli Hoeneß also nicht zu sicher fühlen“, stichelte BVB-Chef Hans-Joachim Watzke in der „Welt“.

Dortmunds Trainer Jürgen Klopp legte spitzbübisch nach: „Ich find's ganz cool, dass wir jetzt Wunsch-Los sind.“ Die Bayern seien das für den BVB „nicht unbedingt, Barcelona auch nicht, Real übrigens auch nicht. Das Coolste an der ganzen Geschichte ist, dass wir im Topf sind.“

Dank seines gewaltigen Aufschwungs hat sich der BVB in jüngster Vergangenheit den Ruf als Bayern-Angstgegner allemal verdient. Zweimal hatte Dortmund dem Ligakrösus in den vorangegangenen beiden Spielzeiten die Meisterschale weggeschnappt, einmal den DFB-Pokal. In dieser Saison machten die Münchner durch ihre Klasse in Bundesliga und Pokal den Schaden wieder halbwegs wett. Nicht auszudenken, wenn der BVB die Bayern nun ausgerechnet im Champions-League-Halbfinale ausschalten würde. Das wäre für den FCB der blanke Horror. Klopp nahm die Hoeneß-Aussage jedenfalls gerne auf: „Ich bin immer dankbar, wenn man irgendwelche Vorlagen geliefert bekommt. Das 1:0 (zuletzt im Pokal) gegen uns scheint den Respekt genommen zu haben.“

Wenigstens Bayern-Trainer Jupp Heynckes hielt sich nach zwei 2:0-Viertelfinalsiegen gegen Juve mit provozierenden Aussagen zurück. Er blicke „ganz locker und gelöst“ auf die Auslosung, so der 67-Jährige. „Jedes von den vier Teams kann die Champions League gewinnen“, sagte Heynckes, der vor seinem Abschied in diesem Sommer unbedingt die Final-Schmach aus dem Vorjahr vergessen machen möchte.

„Ich habe keine Präferenz, und ich denke auch nicht, dass man das haben sollte“, betonte er - notfalls aber werde man sich auch dem FC Barcelona entgegenstemmen. Angesichts seiner langen Zeit in Spanien mache ihm selbst das jahrelange Überteam mit Lionel Messi keine Sorgen, versicherte Insider Heynckes. „Ich kenne den FC Barcelona wie aus dem Effeff, besser als meine Mannschaft vielleicht, weil ich mir über viele Jahre Barcelona immer angeschaut habe. Deshalb kenne ich die Spielphilosophie, das System, die Taktik, die ganzen Spieler.“

Im Optimalfall wäre für die Bundesliga gar ein deutsches Finale möglich. Das gab es in der Europapokal-Geschichte bisher nur in der Saison 1979/80 einmal, als sich Eintracht Frankfurt im UEFA-Cup gegen Borussia Mönchengladbach durchgesetzt hatte. Der besondere Reiz von zwei deutsch-spanischen Duellen im Halbfinale liegt in der Frage: Wie groß ist der Vorsprung der vermeintlichen Übermacht Spanien überhaupt noch? Der niederländische Ex-Torjäger Ruud van Nistelrooy, der die Auslosung vornehmen wird, hat es in der Hand. „Der Kampf ist zugleich ein kolossales Duell zwischen zwei Ländern“, schrieb die „Marca“ schon mal und befand: „Spanien gegen Deutschland 2:2: Mal sehen, wer hier den Ton angibt! Real, Barça, Bayern und Dortmund kämpfen um die Hegemonie im europäischen Fußball.“