Bayer gegen Bayern: Annäherung im Scheitern

Bayer Leverkusen erkennt seine enorme Entwicklung trotz des Aus gegen die Bayern. Oder gerade deswegen.

Foto: Maja Hitij

Leverkusen. Matthias Sammer hatte Hochachtung vor „seiner Mannschaft“, die der FC Bayern war. Aber zu mitternächtlicher Stunde nach dem 5:3-Sieg nach Elfmeterschießen im Pokal-Viertelfinale bei Bayer Leverkusen hatte der Mann mit der Glatze noch einen weiteren Gewinner ausgemacht: den Gegner. „Wir haben Hochachtung davor, was Leverkusen hier leistet. Wir wissen, dass da ein Konkurrent heranwächst.“

Mancher in Leverkusen sollte sich bei derlei Sätzen die Ohren zuhalten. Denn schnelle Zufriedenheit — das ist es, wogegen Trainer Roger Schmidt mit Verve ankämpft. Schmidt, der so ist, wie er seine Mannschaft spielen lässt, eben griffig und nie nachlassend, ließ gar keinen Raum für Trauer. „In Mainz am Samstag werden wir das nächste Signal setzen“, sagte der Trainer und konstatierte ob des Zweikampfs mit Borussia Mönchengladbach um den attraktiven dritten Liga-Platz: „Wir sind so gut, entwickeln uns so gut. Das allöes macht uns nur stärker. Da wollen wir es uns nicht nehmen lassen, Champions League zu spielen.“ Tatsächlich hat Schmidt Spieler wie Hilbert, Wendell, Spahic, Castro oder Brandt in den jüngeren Wochen auf ein erstaunliches Formniveau gebracht.

Für Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge war es „das beste torlose Spiel, das ich je gesehen habe“, was ein bisschen übertrieben, aber der Wahrheit nahe gekommen war. Manchmal fragt man sich durchaus, was in den vergangenen zwanzig Jahren alles passiert sein muss, dass Fuß0baller 120 Minuten lang keinen Spurt auslassen müssen — und wollen.

Zur Harmonie zwischen Siegern und Besiegten passte das ruppige Spiel weniger, in dem der entscheidende Elfmeterschütze Thiago gar nicht mehr auf dem Platz hätte stehen dürfen. Aber selbst der angriffslustige Schmidt wurde ob seines guten Verhältnisses zum Bayern-Pendant Guardiola in Sachen extrem hohes Bein gegen Kießling handzahm: „Es war sicher keine Absicht, dennoch ein grobes Foul. Ob Gelb oder Rot — das mag ich nicht beurteilen“, sagte Schmidt, der sich mit den Seinen das zweite Mal innerhalb weniger Wochen nach Elfmeterschießen hatte beugen müssen.

Bei Atletico Madrid hatte Bayer 04 in der Champions League mit 2:3 verloren, seinerzeit versagten Hakan Calhanoglu, Ömer Toprak und Stefan Kießling die Nerven. Dieses Mal zog nur Josip Drmic gegen Manuel Neuer den Kürzeren, der Schütze eilte nicht ansprechbar durch die Katakomben davon. „Wir nähern uns mit unseren Elfmetern an“, sagte Leverkusens Geschäftsführer Schade, was Ironie war. Aber ein bisschen auch für Leverkusens Erkenntnis des Abends steht: Man mag das Scheitern zur Tradition erhoben haben. Aber auf immer höherem Niveau zu scheitern, ist dann eben doch die beste Form der Annäherung.