Elfmeter-Krimi gibt Wolfsburg „Push“ für Bayern-Spiel
Darmstadt (dpa) - Es war schon weit nach Mitternacht, als der Wolfsburger Pokalheld endlich auch die zweite große Herausforderung des Abends bewältigt hatte.
Torwart Max Grün, mit gleich zwei gehaltenen Elfmetern der entscheidende Mann in einem packenden Erstrunden-Duell bei Darmstadt 98, kam erleichtert aus der Dopingkontrolle. Mehr als eine Stunde brauchte er dafür. Sein Trainer Dieter Hecking hatte zwischenzeitlich schon die Geduld verloren. „Geh' pinkeln jetzt“, rief er dem Benaglio-Vertreter zu.
Nur fünf Tage vor dem Bundesliga-Auftakt beim FC Bayern München hatten die „Wölfe“ nach Meinung ihres Coaches entschieden zu viel Zeit am altehrwürdigen Böllenfalltor verbracht: Verlängerung, ein 5:4 im Elfmeterschießen und dann auch noch das Warten auf Max Grün - eine ideale Vorbereitung auf das Bayern-Spiel sieht anders aus.
Die Frage liegt auf der Hand: Wie will eine stark ersatzgeschwächte Mannschaft, die sich schon gegen einen Zweitliga-Aufsteiger schwergetan hat, am Freitag beim deutschen Meister bestehen? Gemessen an dieser Ausgangslage war Hecking erstaunlich optimistisch. „So ein Spiel wie heute kann uns einen richtigen Push geben“, meinte der 49-Jährige. „Wir haben die Kraft für 120 Minuten, wir können schon wieder ein hohes Tempo gehen. Darauf können wir aufbauen, denn das werden wir auch in München brauchen.“ Auch der FC Bayern sei „noch nicht bei 100 Prozent. Wir werden unsere Chance suchen, vielleicht ganz ähnlich, wie es Darmstadt 98 heute gegen uns getan hat.“
Es hängt nach diesem Pokal-Fight viel davon ab, aus welcher Perspektive man den VfL Wolfsburg betrachtet. Sieht man in ihm ein „mit Stars gespicktes Team mit unheimlich viel individueller Qualität“, wie es Darmstadts Trainer Dirk Schuster tat? Oder sieht man eine längst noch nicht eingespielte, „von Verletzungen gebeutelte Mannschaft“ (Hecking), der am Sonntagabend nach einer nicht gerade Mut machen Saisonvorbereitung stattliche neun Spieler fehlten?
Sportchef Klaus Allofs neigt eher zum Letzterem und meinte: „Für uns ist nicht nur wichtig, weitergekommen zu sein, sondern als Mannschaft dieses Erfolgserlebnis gehabt zu haben.“ Vor allem spielerisch steigerten sich die „Wölfe“ im Vergleich zu ihren vorangegangenen Testspielen sichtbar. Kevin De Bruyne, Aaron Hunt und Maximilian Arnold tauschten im offensiven Mittelfeld immer wieder ihre Positionen. So sind sie von jedem Gegner nur schwer zu kontrollieren.
Was dem VfL jetzt noch fehlt, ist die letzte Zuspitzung, Zielstrebigkeit und Wucht in seinem Spiel. Viel versprechen sich Allofs und Hecking da von der Rückkehr so kampfstarker Spieler wie Luiz Gustavo oder Sebastian Jung, die am Freitag in München wieder dabei sein sollen. Wann der neue Stürmerstar Nicklas Bendtner der Mannschaft weiterhelfen kann, ist angesichts seiner Fitness- Rückstände noch nicht absehbar. Dänemarks Nationaltrainer Morten Olsen macht den eher skeptischen Fans aber schon einmal Hoffnung: „Bendtner hat sehr großes Potenzial, das er in den letzten Jahren leider nicht abgerufen hat. Aber im EM-Jahr 2012 zählte er noch zu den besten Stürmern in Europa“, sagte er dem „Kicker“.
Bis Bendtner soweit ist, gehören die Schlagzeilen noch anderen. Grün zum Beispiel, der nur kurzfristig den erkälteten Diego Benaglio ersetzte und dann die Elfmeter von Maurice Exslager und Milan Ivana hielt. „Das ist ein Wahnsinns-Gefühl. Ich freue mich, dass ich der Mannschaft helfen konnte“, sagte der 27-Jährige, bevor zum Teambus sprintete. Er wollte seine Kollegen nicht noch länger warten lassen.