Van Bommel weg: Brisante Neuordnung beim FC Bayern
München (dpa) - Mark van Bommel ist weg - und Trainer Louis van Gaal muss beim FC Bayern München nach dem Blitz-Abschied der Führungsfigur mitten in der Saison neue Hierarchien schaffen.
„Ich habe immer Lösungen“, versicherte der Trainer bereits zu jenem Zeitpunkt, als sein bisheriger Kapitän noch in der Geschäftsstelle mit den Vereinsbossen zusammensaß, um seinen Blitz-Transfer vom deutschen Fußball-Rekordmeister zum AC Mailand perfekt zu machen.
Dass der Kapitän im Winter von Bord geht, ist auch beim FC Bayern ein Novum. Und ganz und gar risikolos erscheint das nicht zu einem Zeitpunkt, bei dem angesichts der Frustration über 14 Punkte Rückstand auf Borussia Dortmund in der Bundesliga viel auf dem Spiel steht für den Double-Sieger von 2010; so wie im DFB-Pokal-Viertelfinale beim Zweitligisten Alemannia Aachen - mit Philip Lahm als neuem Bayern-Spielführer.
„Ich mache keinen Hehl daraus, dass wir nicht glücklich darüber sind, dass Mark uns verlässt“, erklärte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge in einem „tz“-Interview. Man kam dem Wunsch van Bommels - angesichts dessen großer Verdienste - dennoch nach.
Rein spielerisch glauben Trainer und Vorstand, dass der Weggang des fast 34 Jahre alten Haudegens zu verkraften ist. Schließlich hatten Rummenigge & Co. dem Mittelfeldspieler bereits mitgeteilt, dass sein am Saisonende auslaufender Vertrag ohnehin nicht mehr verlängert worden wäre. Und die unbedingt im Winter durchgeboxte Verpflichtung des 17 Millionen Euro teuren Brasilianers Luiz Gustavo von 1899 Hoffenheim war ein weiteres Zeichen.
Im defensiven Mittelfeld ist der Rekordmeister breit aufgestellt. In Bastian Schweinsteiger, Anatoli Timoschtschuk, dem noch verletzten Toni Kroos, Neuzugang Luiz Gustavo sowie notfalls Danijel Pranjic und Andreas Ottl verfügt van Gaal über etliche Optionen. Doch es wird sich zeigen müssen, wer van Bommel auch als „Aggressivleader“ ersetzen kann, zu dem ihn einst Ottmar Hitzfeld erkoren hatte. „Jede Mannschaft braucht einen wie mich“, sagte van Bommel noch jüngst.
Der Champions-League-Sieger von 2006 hätte es sich zugetraut, auch weiterhin bei den Bayern vorneweg zu marschieren. „Ich denke, dass ich Bayern noch hätte helfen können“, sagte er beim Abschied: „Ich habe volles Vertrauen zu mir.“ Ob van Gaal das auch noch hatte, erschien fraglich - was auch van Bommel zumindest ahnte: „In meiner Situation war es nicht schwierig, zu wechseln“, erklärte er. Doch er habe es „nicht nötig, den Trainer zu rasieren“, schob van Bommel in der „Bild“-Zeitung vielsagend nach.
So oder so - ohne van Bommel fehlt nicht nur auf dem Platz, sondern auch außerhalb der Frontmann, der vorneweg marschiert. Rummenigge würdigte den Niederländer nicht nur als „vorbildlichen Profi“, sondern explizit auch als „großartigen Kapitän“.
Die naheliegende Nachfolgelösung heißt Philipp Lahm, der schon erster Stellvertreter van Bommels war und dessen Beförderung im Verein schon vor van Gaals offizieller Verkündung als fix galt. Der Nationalspieler führt die Bayern wie erwartet als Kapitän ins Aachen-Match. Im Verbund mit Schweinsteiger, den van Bommel als „perfekten Kapitän“ anpries, wird wohl Lahm nun in der Hierarchie ganz nach oben rücken. „Lahm bleibt der erste Kapitän, Schweinsteiger wird der zweite“, sagte Bayern-Trainer Louis van Gaal vor dem DFB- Pokal-Viertelfinale.
Franz Beckenbauer glaubt, dass van Bommels Weggang die Mannschaft „nicht in eine Führungskrise stürzen“ werde. Spannend könnte es dennoch werden. Die ungleichen Identifikationsfiguren Lahm und Schweinsteiger, die ihre Verträge vor kurzem jeweils bis 2016 verlängert haben, sind schließlich auch die zwei Akteure, die in der Nationalmannschaft über kurz oder lang ganz das Zepter von „Capitano“ Michael Ballack (34) übernehmen werden. Beim FC Bayern können sie das Teilen oder gemeinsame Ausüben der Macht schon einmal proben.