„Warnung hat nicht gefruchtet“: DFB-Pokal ohne Dresden

Frankfurt/Main (dpa) - Mehr als sechs Stunden lang hatte Dynamo Dresden noch einmal alles versucht. Der Verein wollte wie schon im Vorjahr seinen Ausschluss aus dem DFB-Pokal verhindern und dazu sogar die Autonomie von Sportverbänden und -Gerichten aus den Angeln heben.

Doch nach einer Mammutsitzung stellte das Bundesgericht des Deutschen Fußball-Bundes in Frankfurt/Main klar: Der achtfache DDR-Meister bleibt für den DFB-Pokal 2013/14 gesperrt. Er wird dafür zur Verantwortung gezogen, dass seine Fans schon wieder randalierten und befürchtet nun laut Geschäftsführer Christian Müller einen Einnahmeverlust von rund einer Millionen Euro.

„Die Entscheidung ist die Folge einer Kette von Fehlleistungen der Anhänger des Vereins“, sagte der Vorsitzende Richter Goetz Eilers. Konkret ging es um die Ausschreitungen von Dynamo-Fans beim Pokalspiel bei Hannover 96. An jenem 31. Oktober gab es 9 Verletzte, 21 Festnahmen und einen Großeinsatz von rund 1000 Polizisten.

Vor einem Jahr, nach den Krawallen von Dortmund, hatte das Bundesgericht den Pokal-Ausschluss in zweiter Instanz noch in ein Geisterspiel in der 2. Liga und in eine Geldstrafe von 100 000 Euro abgemildert. „Dieses Urteil war damals mit einer dringenden Warnung an den Verein verbunden. Doch diese Warnung hat nicht gefruchtet“, ergänzte Eilers. Diesmal hätten alle Bilder und Zeugenaussagen „noch einmal deutlich gemacht, was schon das DFB-Sportgericht im Dezember festgestellt hat: Es gab Stürmungen des Spielfelds, es gab auch vielfältigen pyrotechnischen Einsatz“.

Dynamo-Geschäftsführer Christian Müller meinte in einer ersten Reaktion: „Wir sind über das Urteil enttäuscht. Aber streng genommen sind wir nicht wirklich überrascht.“ Sein Verein kann nun noch vor das Ständige Schiedsgericht ziehen, das für Streitigkeiten zwischen Vereinen und Verbänden zuständig ist. Und alles deutet darauf hin, dass er das auch tut. „Ich will den Gremien ja nicht vorgreifen, aber ich sage: Auf ein Neues, meine Herren. Wir sehen uns in dieser Sache noch einmal“, rief Müller zum Abschied den Journalisten zu.

Die Dresdener bauen ihre Verteidigung vor allem auf einem Punkt auf, der für die Autonomie von Sportverbänden gravierende Folgen haben könnte. Sie argumentieren: Sportrecht und Verfassungsrecht liegen in diesem Fall über Kreuz. Ein ganzer Verein kann nicht für das Verhalten einzelner Anhänger bestraft werden.

„Dynamo Dresden soll für etwas haften, was dem Verein nicht vorzuwerfen ist. Das würde sich im normalen Leben niemand gefallen lassen“, sagte Anwalt Jörg Heyer. „Die verschuldensunabhängige Haftung steht zwar in der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB und der DFB hat auch das Recht, sich seine eigenen Regeln zu geben. Aber in diesem Fall verletzen diese Regeln Grundsätze des Verfassungsrechts. Es geht um das Verschuldensprinzip. Man darf nur für etwas bestraft werden, das man auch verschuldet hat.“

Das DFB-Bundesgericht folgte in seinem Urteil allerdings der Argumentation des DFB-Kontrollausschusses. „Vereine und Anhänger stellen eine Einheit dar. Für ein Verschulden der Anhänger sind die Vereine haftbar zu machen. Dieser Grundsatz ist für die Verbände unverzichtbar. Die Veranstaltungshoheit der Verbände muss geschützt bleiben“, sagte Eilers. Der Vorsitzende Richter verwies darauf, dass auch FIFA und UEFA nach dem Prinzip der „verschuldensunabhängigen Haftung“ handeln - etwa bei der Anordnung eines Geisterspiels für Lazio Rom in der Europa League gegen den VfB Stuttgart.

Dem Kontrollausschuss-Vorsitzenden Anton Nachreiner war völlig klar: „Dieses Prinzip aus den Angeln zu heben, muss jemand anders vollziehen. Das kann dieses Gericht nicht.“ Sportrecht bleibt Sportrecht - und so konnte der Ankläger in seinem Plädoyer auch weniger juristisch als vielmehr emotional argumentieren: „Die Zustände bei Spielen von Dynamo Dresden sind regelmäßig untragbar. Ich glaube nicht, dass es der Öffentlichkeit vermittelbar ist, zu sagen: Wir heben den Pokalausschluss ein zweites Mal auf.