DFB: Zwanziger entmachtet Koch - „Kaiser“ klagt

Frankfurt/Main (dpa) - Theo Zwanziger hat den Machtkampf beim DFB gegen seinen Stellvertreter Rainer Koch gewonnen - und Franz Beckenbauer macht sich allmählich Sorgen um den deutschen Fußball.

Vize Koch musste nach einem Treffen mit dem DFB-Präsidenten und dem evangelischen Bischof Wolfgang Huber sein Ressort abgeben und sich förmlich dafür entschuldigen, dass er Zwanziger nicht über sein Treffen mit dem früheren Schiedsrichter-Sprecher Manfred Amerell informiert hat. Dieser hatte die Ermittlungen gegen Spitzen-Referees wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ins Rollen gebracht und lehnt nun ein Mediationsverfahren mit dem DFB ab.

Derweil bröckelt das Vertrauen in die Führungsspitze des größten Sportfachverbandes der Welt. „Es ist ein bisschen viel passiert in letzter Zeit. Es sind einige Störfaktoren, die das gesamte Bild trüben“, sagte Beckenbauer in einem „Kicker“-Interview angesichts der Unparteiischen-Affäre und auch der Zuschauerausschreitungen quer durch alle Ligen. „Insofern hat die Reputation des Fußballs insgesamt und gerade auch das Erscheinungsbild des DFB gelitten.“

Zuletzt hatten sich Zwanziger und Koch, zugleich Vorsitzender des Bayrischen und des Süddeutschen Fußball-Verbandes, in die Haare bekommen, weil der DFB-Chef und auch sein Generalsekretär Wolfgang Niersbach nach deren Angaben erst aus den Medien von Kochs Treffen mit Amerell erfahren hatten.

Koch muss nun seine Zuständigkeit für „Rechts- und Satzungsfragen“ an seinen Präsidiumskollegen Rolf Hocke abgeben. Er übernimmt dafür dessen Aufgabenbereich „Prävention, Integration, Freizeit- und Breitensport“. „Die im Präsidium zwingend erforderliche und beiderseits gewünschte vertrauensvolle Zusammenarbeit kann durch einen Ressorttausch erleichtert und wiederhergestellt werden“, schrieb der DFB in einer Pressemitteilung. Der 52 Jahre alte Jurist Koch war schon im Zuge der Schiedsrichter-Affäre um Amerell und Michael Kempter als für die Referees zuständiges Präsidiumsmitglied zurückgetreten.

„Mit Blick auf den zeitlichen Zusammenhang der Durchsuchungsmaßnahmen der Steuerfahndung und seinem Zusammentreffen mit Manfred Amerell bedauert Rainer Koch, dass er den DFB-Präsidenten nicht unmittelbar und noch am gleichen Tag über dieses Gespräch informiert hat“, hieß es in der DFB-Mitteilung. „Er entschuldigt sich für dieses Versäumnis.“

„Kaiser“ Beckenbauer kritisierte auch die Aufarbeitung der Vorwürfe gegen die Referees. Nach einem Bericht des „Spiegel“ sind die Ermittlungen mit dem treffenden Namen „Abseits“ wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung auf rund 70 aktive und ehemalige Unparteiische ausgeweitet worden. Zu allem Übel weht den verunsichert wirkenden Referees ein heftiger Gegenwind aus der Liga entgegen.

„Die Sache zieht sich ja jetzt schon hin wie Kaugummi. Das ist nicht schön. Es muss alles aufgeklärt werden“, sagte Beckenbauer und warnte: „Solange dies nicht geschehen ist, wird es nicht zu der erhofften Ruhe kommen.“

Zur Ruhe kommt es auch im Dauerstreit zwischen Amerell und dem DFB nicht. Der Augsburger hat nun ein Mediationsverfahren abgelehnt. Dies teilte er am Montag nach der Entscheidung im Fall Koch über seinen Anwalt Jürgen Langer in einer schriftlichen Erklärung mit.

„Verwundert über dieses fragwürdige demokratische Grundverständnis innerhalb des weltgrößten Sportfachverbandes der Welt lässt Manfred Amerell mitteilen, dass mit dieser Entwicklung dem von Dr. Rainer Koch ganz entscheidend vermittelten Mediationsverfahren jegliche Vertrauensgrundlage entzogen wurde und die zuletzt noch signalisierte Gesprächsbereitschaft mit Prof. Dr. Dr. Wolfgang Huber nunmehr nicht mehr besteht“, heißt es.

Der frühere WM-Spielleiter Markus Merk (Kaiserslautern) will keinen direkten Zusammenhang zwischen den Ermittlungen und den Leistungen der Schiedsrichter herstellen, sagte jedoch in der „Bild“-Zeitung: „Aber da steht etwas im Raum - und das ist unangenehm. Es ist nicht einfach, wenn man sich Freitag zu diesen Dingen äußern und Samstag eine Topleistung abrufen muss.“

Für den früheren FIFA-Referee Bernd Heynemann (Magdeburg) vergeben die Bundesliga-Schiedsrichter derzeit im sportlichen Bereich viele Big Points: „Damit meine ich nicht die sogenannten Millimeter-Entscheidungen, sondern klare falsche Pfiffe bei eindeutigen Karten zum Beispiel.“

Trotz der herben Kritik an den Bundesliga-Schiedsrichtern vom Wochenende gibt es keine spezielle Maßnahmen für die auch wegen der Steuer-Affäre zusätzlich unter Druck stehenden Referees. „Wir konzentrieren uns auf die fachliche Aufarbeitung“, sagte Lutz Wagner, Lehrwart der Unparteiischen beim Deutschen Fußball-Bund, am Montag der Nachrichtenagentur dpa und verwies auf das übliche Prozedere mit Telefonkonferenz und Videoportal. Die Unparteiischen hätten grundsätzlich immer die Möglichkeit, bei Problemen jemanden aus der Schiedsrichter-Kommission oder ihren persönlichen Coach anzusprechen.