Allzweck-Arbeiter Höwedes wichtig wie nie - Löw: Gold wert für mich

Évian-les-Bains (dpa) - Jetzt sind Typen wie Benedikt Höwedes gefragt. Insbesondere nach dem Ausfall des gesperrten Mats Hummels ist Joachim Löw heilfroh, den vielseitigen Schalker Abwehrrecken im Halbfinale der Fußball-EM gegen Frankreich ins Getümmel werfen zu können.

Foto: dpa

Egal, ob der Bundestrainer am Donnerstag in Marseille (21.00 Uhr) wieder mit einer Dreierkette wie beim dramatischen Erfolg gegen Italien plant oder zur Viererreihe in der Defensive zurückkehrt.

„Höwedes kann in verschiedenen Systemen und auf verschiedenen Positionen spielen. Das macht ihn so wertvoll. Er ist immer da, wenn man ihn braucht. Das ist für einen Trainer etwas Tolles. Er ist Gold für mich wert“, sagte Löw in Évian-les-Bains über den 28-Jährigen.

Der Bundestrainer, eigentlich mehr ein Fußball-Feingeist, zeichnete Höwedes, den kantigen Malocher-Typen, schon vor dem Kampf um den Einzug ins Endspiel an diesem Donnerstag in Marseille aus. Der defensive Vorarbeiter habe „seinen Mann gestanden“, lobte der Chefcoach, der sich die kompletten 120 Spielminuten gegen Italien noch einmal im Video angeschaut hatte.

Höwedes sorgte im Verbund mit den Weltklasse-Innenverteidigern Jérôme Boateng und Hummels dafür, dass Italiens Stürmer Éder und Garziano Pellè abgemeldet waren. „Benedikt hat seine Sache überragend gut gemacht. Er ist ein großartiger Zweikämpfer. Und er hat gegen Italien fast alle Kopfbälle gewonnen“, schwärmte der Bundestrainer.

Löw hat gegen Frankreich die freie Wahl. Er kann Höwedes als Eins-zu-eins-Ersatz für den gelbgesperrten Hummels neben Abwehrchef Boateng in einer Viererkette platzieren. Oder er füllt die Dreierkette mit Shkodran Mustafi auf, der den anfangs verletzten Hummels im ersten Turnierspiel gegen die Ukraine (2:0) als Torschütze und stabiler Verteidiger überragend vertreten hatte.

Frankreich agiert oft mit zwei Stürmern, neben Olivier Giroud spielt auch Antoine Griezmann gerne ganz vorne drin. Zusammen hat das Duo sieben Tore erzielt. Ein Fall für Höwedes also, der nach dem Kraftakt gegen Italien am Dienstag in Évian nur ein bisschen radelte statt auf dem Platz zu trainieren. Der DFB bezeichnete das reduzierte Programm als reine Vorsichtsmaßnahme.

Das Motto des Schalkers lautet: „Die Offensive gewinnt ein Spiel, aber die Defensive gewinnt ein Turnier.“ Und Turniere gewinnt, wer Akteure wie Höwedes im Kader hat, die sich persönlich nicht zu wichtig nehmen, sondern den Mannschaftserfolg über alles stellen. „Ich bin ein Typ, der Sachen einfach annimmt, ohne sie großartig zu hinterfragen. Ich bin ein Typ, der sagt: Ja, das mache ich! Ich hänge das rein, was ich imstande bin zu leisten.“

Der Mann aus dem Ruhrpott ist ein ehrlicher Arbeiter: „Ich bin ein Teamspieler, der sich für die Mannschaft reinkniet, der versucht, die Dinge taktisch gut zu lösen, den Willen und Ehrgeiz einzubringen. Das sind schon Qualitäten, die einer Mannschaft weiterhelfen.“

Das Turnier begann er als rechter Verteidiger, bis Löw dem offensiv stärkeren EM-Neuling Joshua Kimmich die Position im dritten Spiel gegen Nordirland anvertraute. Und was sagte Höwedes danach? „Es war die richtige Entscheidung, Jo als offensive Variante zu bringen.“ Jeder müsse sein Ego in den Hintergrund stellen, ergänzte Höwedes.

Im Mannschaftskreis hat dem Weltmeister dieses vorbildliche Verhalten sehr viel Anerkennung eingetragen. Zum Einsatz kam Höwedes trotzdem bislang in jeder EM-Partie, dreimal von Beginn an, zweimal als Teilzeitkraft. „Wir haben so einen guten, breitgefächerten Kader, dass wir jeden reinschmeißen können“, sagte er. Das gilt vor allem für ihn selbst.

Löw weiß spätestens seit dem WM-Triumph 2014, dass er mit dem energischen Schalker Zweikämpfer, der gegen Frankreich sein 40. Länderspiel bestreiten wird, alles machen kann. Egal, auf welcher Abwehrposition. „Benni kann in beiden Systemen sehr gut spielen, in der Dreier- und der Viererkette. Er kann rechts spielen. Und bei der Weltmeisterschaft in Brasilien hat er links gespielt über alle sieben Spiele“, erinnerte der Bundestrainer und urteilte: „Benedikt Höwedes erledigt seine Arbeit konzentriert.“