EM-Tagebuch Bonjour - Dünne Luft auf der Bergetappe
Am Montag hatten der Kollege aus Regensburg und ich nach getaner Arbeit ein bisschen Zeit. Wir sind hinaus ins Gebirge, wo sich am 23. Juli die Tour de France entscheidet. Bergetappe mit zwei Gipfeln der ersten und einem der Ehren-Kategorie.
Eine saubere Quälerei am vorletzten Tag der Frankreich-Schleife. Die Sprinter werden sich bedanken. Für sie wird der Abschnitt garantiert zur Tortur.
Auch wir haben alles gegeben auf den engen Serpentinen in Hochsavoyen. Es sogar bis hinauf nach Avoriaz geschafft. 1800 Meter liegt die Skistation hoch. Von Morzine aus betrachtet, hat es den Anschein, als würden oben am Grat gigantische Hotelanlagen aus den Felsen wachsen. Irgendwie ist es ja auch so. Man sollte den Menschen, der diese Verhöhnung der wunderbaren Landschaft zugelassen hat, in Ketten legen.
Avoriaz gehört zur Gemeinde Morzine, die wiederum Mitglied des Vereins Alpin Pearls ist, der sanft-mobilen und nachhaltigen Tourismus unterstützt. Ob sie die Zugehörigkeit zum Club verdient, mag ich nicht beurteilen: Ich kenne die Kriterien nicht und war ja auch nur kurz dort. Der Anblick von Avoriaz lässt mich allerdings zu der Ahnung kommen, dass der Franzose mitunter sehr eigene Vorstellungen vom ökologisch-ökonomischen Gleichgewicht hat.
Morzine selbst, etwa 1000 Meter hoch gelegen, ist Charme nicht abzusprechen. Das Bergdorf macht sich gerade fein für den 23. Juli, es ist Zielort der vorletzten Tour-Etappe. Vom Col de Jaux Plane, in diesem Jahr letzter Scharfrichter des Traditionsrennens, stürzen sich die Fahrer auf halsbrecherischem Kurs die finalen zehn Kilometer zu Tal.
Nur, um einem Missverständnis vorzubeugen. Der Kollege und ich waren am Montag nicht auf dem Rad unterwegs. Wir haben das Auto vorgezogen. Nach vier Wochen EM ist das besser. Die Luft wird auch für uns zunehmend dünner.