Almeida: Portugals Ausnahme-Stürmer der besonderen Art

Opalenica (dpa) - Hugo Almeida und dieses portugiesische Team - das scheint nicht richtig zusammenzupassen. Um ihn herum wuseln lauter Edeltechniker wie Ronaldo, sein Spiel dagegen ist eher robust. Im Halbfinale gegen Spanien aber wird der Ex-Bremer zum ersten Mal bei der EM gebraucht.

Cristiano Ronaldo dribbelt in hohem Tempo an der Außenlinie entlang. Er passt den Ball zu Joao Moutinho, der ihn gleich weiterspielt zu Nani. Es sieht auch im Training immer sehr filigran und leichtfüßig aus, wenn die Portugiesen ihre Angriffszüge einstudieren. Nur einer wirkt in solchen Momenten im EM-Quartier in Opalenica meist so, als hätte er sich irgendwie in dieses Geschehen verirrt: Hugo Almeida, 1,91 Meter groß und 93 Kilogramm schwer. Das Filigrane und Leichtfüßige seiner Stürmerkollegen geht dem früheren Spieler von Werder Bremen ab.

Ausgerechnet am Mittwoch aber, wenn Portugal im Halbfinale gegen den großen Bruder und Erzrivalen Spanien spielt, wird der 28-Jährige zum ersten Mal richtig gebraucht bei dieser EM. Almeida soll den verletzten Helder Postiga im Sturmzentrum ersetzen und im fünften Spiel erstmals von Anfang an dabei sein. „Wenn der Trainer mich braucht, werde ich da sein und mein Bestes geben“, sagte er. „Ich hoffe, dass ich derjenige bin, der im Halbfinale spielt.“

Diese Hoffnung teilt nicht jeder in Portugal. Der frühere Bundesliga-Profi hat dort seit jeher Kritiker, die meinen, dass sich sein robuster und eher körperbetonter Stil nicht mit der Spielkunst eines Ronaldo oder Nani verträgt. Mit Almeida durch eine Abwehrreihe hindurchzukombinieren, kann eine große Herausforderung sein.

Es gibt aber auch Beobachter, die glauben, dass gerade dieser Sturmtank dem Spiel der Portugiesen jene Portion Wucht und Zuspitzung verleihen könnte, die bei dieser Euro bislang so häufig auf der Strecke blieb. Kein anderes Team ließ in Polen und der Ukraine derart viele Chancen aus, auch wenn Almeida gern betont: „Unsere Mannschaft ist sehr erwachsen und reif geworden. Ich habe ein großes Vertrauen in die aktuelle portugiesische Generation.“

Mit dem Vertrauen in Almeida selbst ist das dagegen so eine Sache. Für Werder Bremen schoss er in viereinhalb Jahren 41 Tore, er hat sich in dieser Zeit auch auf vielfältige Weise in der Historie der Fußball-Bundesliga verewigt. 2008 etwa ließ er einen 124 km/h strammen Schuss im Tor des 1. FC Köln einschlagen. Zwei Jahre später schoss er gegen St. Pauli erst drei Tore und flog danach vom Platz.

So wurde Almeida im Dezember 2010 auch mit ein paar kernigen Sätzen aus Bremen verabschiedet, die all die Zweifel an ihm genau zum Ausdruck brachten. „Hugo ist ein lieber Mensch. Aber er könnte noch viel mehr aus sich herausholen“, sagte Werders Sportchef Klaus Allofs. „Von seinen Fähigkeiten her müsste er der Torschützenkönig der portugiesischen Nationalmannschaft sein. Die Clubs müssten bei uns Schlange stehen, um ihn zu kaufen. Das ist aber nicht der Fall.“

Der Abgang des Stürmers passte in dieses Bild. Monatelang war Almeida zuvor mit Namen wie Valencia oder Real Madrid in Verbindung gebracht worden. Am Ende ging er zu Besiktas Istanbul - ein Verein, der gerade aus finanziellen Gründen aus der Europa League ausgeschlossen wurde, dort aber ohnehin nie allzu weit kam.

Am Mittwoch gegen Spanien geht es gegen andere Kaliber. Gegen Sergio Ramos von Real zum Beispiel oder Piqué vom FC Barcelona. Eine Besonderheit in seiner Karriere aber sollte allen Kritikern und Befürwortern in Portugal Mut machen: Almeida trifft besonders gern in brisanten Derbys. So schoss er in seiner Zeit in Bremen allein dreimal das Siegtor gegen den verhassten Nachbarn Hamburger SV.