Khedira wieder Titelanführer - Sieben U 21-Champions

Danzig (dpa) - Sami Khedira weiß, wie man eine Mannschaft zum Titel führt. „Er ist eine wirkliche Führungspersönlichkeit geworden“, lobte Joachim Löw den neuen Mittelfeld-Giganten in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in Danzig.

„Meine Verantwortung geht nach oben. Es ist wichtig, in der zentralen Position vorneweg zu marschieren“, sagte der 25-Jährige, dem das Anführen im Blut liegt. Der bei Real Madrid weiter gereifte Khedira war schon 2009 Chef der deutschen U 21-Nationalmannschaft, die er in Schweden als Kapitän zum Gewinn der Fußball-Europameisterschaft antrieb. Insgesamt sieben Junioren-Champions streben nun in Polen und der Ukraine den Triumph mit der A-Nationalmannschaft an. Neben Khedira waren Manuel Neuer, Mesut Özil, Mats Hummels, Jérome Boateng sowie die bisher noch nicht eingesetzten Benedikt Höwedes und Marcel Schmelzer beim Titelgewinn vor drei Jahren dabei.

Die U 21-Champions wissen also, wie es geht - und es gibt eine weitere Parallele, die ein gutes Omen für das Halbfinale an diesem Donnerstag in Warschau sein könnte: Auf dem Weg zum Junioren-Titel wurde im Halbfinale Italien mit 1:0 besiegt. Torschütze war Andreas Beck. Bei den Azzurri standen damals der exzentrische Stürmer Mario Balotelli - nach gerade verbüßter Rot-Sperre - sowie Ignazio Abate und Sebastian Giovinco auf dem Platz, die auch jetzt zum Kader des viermaligen Weltmeisters zählen.

„Ganz entscheidend“ sei beim U 21-Erfolg Trainer Horst Hrubesch gewesen, berichtete Khedira zurückblickend. „Er hat es geschafft, aus vielen guten Individualisten eine Mannschaft zu formen“, erläuterte der inzwischen 25-Jährige und betonte: „An diesem Punkt sind wir jetzt auch beim A-Team.“ Unter Joachim Löw kommt die Saat von Horst Hrubesch zur vollen Blüte. Khedira, Özil, Neuer, Hummels - die Stützen des EM-Teams 2012 haben sich rasant weiterentwickelt.

Khedira nennt seinen Real-Kumpel Özil als leuchtendes Beispiel. „Mesut hat in den letzten ein, zwei Jahren den nächsten Schritt gemacht.“ Damals in Schweden, wo das deutsche Team übrigens England im Finale europameisterlich mit 4:0 dominierte, war Özil noch ein rein offensiv denkender und arbeitender Ballvirtuose. „Mesut galt lange nur als Künstler. Jetzt stellt es sich in den Dienst der Mannschaft“, beschrieb Khedira die Entwicklung des Spielmachers.

Hummels war damals zu Turnierbeginn als dritter Innenverteidiger hinter Boateng und Höwedes nur Ersatzmann. Der Dortmunder musste bis zum Halbfinale auf seinen ersten Kurzeinsatz warten. Im Endspiel glänzte er dann im defensiven Mittelfeld.

Neuer, Boateng, Hummels, Khedira, Özil - dieses titelerprobte Quintett wird auch jetzt gegen Italien wieder tragende Rollen von Löw übertragen bekommen. Khedira fällt sogar eine Schlüsselfunktion zu, nachdem Bastian Schweinsteiger wegen einer Sprunggelenks-Blessur seinen Führungsaufgaben auf dem Platz nur bedingt nachkommen kann.

Bei der WM 2010 war Khedira noch der Lehrling, der nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Kapitän Michael Ballack das plötzlich entstandene Loch im Zentrum des deutschen Spiels schließen sollte. Er schaffte es an der Seite des erfahrenen Schweinsteiger.

Belohnung für eine starke WM war wie bei Özil der spektakuläre Millionen-Wechsel zu Real Madrid. Jetzt fühlt sich Khedira in einer ähnlichen Rolle wie 2009: „In den vergangenen ein, zwei Jahren hat es sich in diese Richtung entwickelt. Ich spüre zu hundert Prozent das Vertrauen des Trainerteams. Das hilft, Verantwortung zu übernehmen.“

Löw hat schon früh vom geborenen Anführer Khedira geschwärmt. Vor Turnierbeginn hatte er ihm den Auftrag gegeben, bei seinem zweiten großen Turnier noch mehr Verantwortung zu übernehmen. „2010 hat er schon eine wichtige Rolle eingenommen“, betonte Löw, der Khedira nach dessen bärenstarker Leistung beim 4:2 gegen Griechenland endgültig zum Juniorchef ernannte.

„Sami ist jetzt auch der Mittelfeldspieler, der permanent seine Position verlässt, nach vorne geht, Druck macht, im Sechzehner auftaucht. Es ist schwer, gegen ihn einen Zweikampf zu bestehen. Er hat einfach gute Führungsqualitäten, eine positive Ausstrahlung. Es ist gut für die anderen, dass er da ist“, lobte Löw. Jetzt fehlt nur noch die Krönung vom Junioren- zum Senioren-Europameister.