DRK-Helfer bei EM zwischen Kopfschmerz und Terrorvorsorge

Paris (dpa) - Sie stehen direkt hinter dem deutschen Block. Während auf den Tribünen tausende Fans der Fußball-Nationalmannschaft dem Team auf dem Platz zujubeln, sind Melissa Simon und Helge Gilcher im Durchgang zu den Katakomben der Stadien einsatzbereit.

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Die beiden Helfer vom Deutschen Roten Kreuz sind eigens zur Fußball-EM nach Frankreich angereist, um ihre französischen Kollegen bei der Ersthilfe zu unterstützen. „Wo der deutsche Block ist, da stehen wir“, sagt Gilcher.

Zu sehen sein sollen sie nicht. Die UEFA finde das wohl nicht so gut. Die beiden Helfer lachen. Aber eine Lücke tut sich meist dennoch auf: „Wir hatten bisher immer das Glück, dass wir zumindest etwas vom Spiel sehen konnten“, erzählt Simon.

Die 24-Jährige macht mit dem Einsatz während der Europameisterschaft sowas wie Ferien in Frankreich. Im heimischen Erlangen in Bayern beginnt im Herbst das Referendariat für die angehende Grundschullehrerin. Auch Gilcher hat seinen Jahresurlaub für die Hilfe im Nachbarland genommen. Sonst arbeitet der 45-Jährige als Rechtsanwalt in Püttlingen bei Saarbrücken.

Das französische Rote Kreuz hat bei den Kollegen in Berlin nach Unterstützung gefragt. Dabei ging es neben der Kompetenz als Sanitäter auch um Sprachkenntnisse. „Mehr oder weniger“, sagt Simon mit einem Lachen.

Aus fast allen 24 EM-Ländern sind Helfer nach Frankreich gekommen, um die Kollegen zu unterstützen. „Wir sollen die Verbindung zu den Fans halten und deutlich machen, dass wir da sind“, erläutert Gilcher im Prinzenparkstadion von Paris. Kopfschmerz ist für Fans mit Übersetzungs-App oder Sprachführer vielleicht als „mal à la tête“ erkennbar, aber im Zweifel muss eben alles schnell gehen.

Einem deutschen Fan mit einer Zecke haben sie geholfen. Oder dem Österreicher, der im Stadion stürzte, und mit Platzwunde im Krankenhaus genäht werden musste. „Da sind die Fans froh, wenn sie in ihrer Sprache erklärt bekommen, was eigentlich los ist“, sagt Gilcher, „wir bleiben so lange, bis das Stadion leer ist.“

Der Einsatz der Helfer ist „direkt an die deutsche Mannschaft angekoppelt“. Bei den ersten beiden Trainings in Évian-les-Bains waren sie dabei. Allerdings gab es keinen Kontakt zur Mannschaft - „die haben ja auch ihre eigene medizinische Abteilung dabei“. Bei kleineren Ländern seien Kollegen „gleich eingespannt worden“.

Bei dem Einsatz geht es nicht nur ums Pflaster von deutschsprachigen Helfern. Die Terroranschläge von Paris im vergangenen Jahr sind ebenfalls Gründe, warum Simon und Gilcher jetzt in Frankreich sind. „Nach dem November hat man gesagt: wenn etwas passieren sollte, ist es sinnvoll, dass jemand da ist, der auch die Sprache der Fans kann“, sagt Gilcher. Eines der Probleme bei den Anschlägen sei ja gewesen, dass deutsche Opfer gar nicht gewusst hätten, was los gewesen sei.

Auch der Kontakt zur DRK-Zentrale in Berlin ist Thema. Nach dem Germanwings-Absturz 2015 wurden Teams entsandt. „Da könnten wir dann also in Absprache mit den französischen Kollegen direkt Hilfe anfordern“, erläutern die Sanitäter.

Simon und Gilcher bleiben in Frankreich, solange Boateng und Hummels um den EM-Cup spielen. „Wir sind hier, bis die deutsche Elf ausscheidet“, sagt Simon. Die Rot-Kreuz-Helfer sind auch in Bordeaux dabei. Dann wollen sie nach Marseille und nochmal zurück nach Paris, wie sie sagen. Das wäre dann das Endspiel im Stade de France.