Hummels-Rückkehr in Aussicht
Lille (dpa) - Endlich lacht Mats Hummels wieder mit den Teamkollegen auf dem Platz. Beim Abschlusstraining im Stade Pierre Mauroy lief der Noch-Dortmunder exakt drei Wochen nach seinem Muskelfaserriss in der Wade wieder mit der Mannschaft auf.
Mit viel Eifer und sichtlich gut gelaunt übte er am Vorabend des EM-Auftakts für die deutsche Auswahl in Lille gegen die Ukraine im Kreise der 23 Akteure mit.
„Wir können sicherlich mit ihm für die nächste Woche planen, wenn alles so weiterläuft“, prognostizierte der in dieser kniffligen Personalie ebenfalls spürbar erleichterte Joachim Löw. Am Sonntagabend stand Hummels Name bei den Reservisten auf dem Aufstellungsbogen, aber der Rückkehrer wärmte sich nicht mit dem Rest der Mannschaft auf. Stattdessen sorgte er für freudestrahlende Fan-Gesichter, als er hinter der deutschen Trainerbank fleißig Autogramme schrieb.
Der Bundestrainer braucht in Frankreich einen fitten Hummels. Löw schätzt nicht nur das Zweikampfverhalten des Abwehrspielers, sondern auch dessen sicheres Aufbauspiel. An der Seite seines künftigen Bayern-Partners Jérôme Boateng und von Per Mertesacker glänzte der 27-Jährige auch schon bei der Fußball-WM 2014. Boateng/Hummels lautete in Brasilien die Formation vom Viertelfinale bis ins Endspiel. Und dieses Duo soll auch in Frankreich ein Herzstück sein.
„Mats Hummels ist individuell bei hundert Prozent“, berichtete Löw am Wochenende. „Er trainiert bei der Mannschaft mit.“ Das war im Trainingslager am Lago Maggiore in der Schweiz und auch im EM-Basiscamp in Évian-les Bains wenige Tage zuvor noch anders. Da musste Hummels auf einem Nebenplatz alleine sein Aufbauprogramm bestreiten. Tag für Tag steigerte er sein Programm. Anfangs äußerte sich besonders Hummels selbst sehr zurückhaltend zum Comeback-Zeitpunkt. Sogar ein EM-Start erst nach der Gruppenphase stand im Raume.
Löw musste sich Sorgen um seine Innenverteidigung machen. Zumal sich beim ersten Training auf französischem Boden auch noch Antonio Rüdiger schwer verletzte. Der Turnierneuling vom AS Rom sollte Hummels bis zu dessen Rückkehr vertreten. Stattdessen musste Rüdiger am Wochenende nach seinem Kreuzbandriss operiert werden. Der Junge Leverkusener Jonathan Tah hat als Nachrücker den 23-Mann-Kader aufgefüllt.
Inzwischen spricht vieles für eine schnelle Rückkehr von Hummels. Löw hofft, dass der Rekonvaleszent noch in der Gruppenphase gegen die vermeintlich leichteren Gegner den Turnierrhythmus aufnehmen kann. Am Donnerstag geht es gegen Polen, am 21. Juni ist Nordirland der letzte Vorrundengegner. In der K.o.-Runde braucht der Bundestrainer dann seine Weltmeister-Innenverteidigung. Er habe kein Problem damit, wenn er erst im Laufe der Gruppenphase zum Einsatz komme, hatte Hummels betont. „Hauptsache, bei hundert Prozent“, sagte Hummels, „anders kann ich der Mannschaft auch nicht helfen.“
Der 46-malige Nationalspieler selbst will sich nach spannenden persönlichen Wochen ganz auf das letzte Ziel der Saison fokussieren. Gerade die Schlussphase der Spielzeit hatte es für Hummels in sich. Erst zerbrach er sich den Kopf über seine Zukunft, viel wurde über den später vollzogenen Wechsel zum FC Bayern spekuliert.
In München unterschrieb Hummels, der schon als Sechsjähriger für die Bayern gekickt hatte, einen Vertrag bis zum 30. Juni 2021. Von einer Ablöse von 38 Millionen Euro war die Rede - viel Geld ein Jahr vor dem Vertragsende in Dortmund. Ausgerechnet in seinem letzten Spiel im BVB-Trikot, dem verlorenen Pokalfinale gegen den FC Bayern, verletzte sich Hummels an der Wade. Der Abschiedstitel mit der Borussia blieb ihm versagt. Umso sehnlicher möchte er die EM-Saison nun noch mit einem Titel beenden - und dabei nicht wie beim unglücklichen Elfmeterschißen im DFB-Pokalfinale in der entscheidenen Phase wieder verletzt zuschauen müssen.