Lob für EM-Gastgeber - Löw: „Hervorragend organisiert“

Warschau (dpa) - Auch Joachim Löw verteilte Komplimente. Selbst in der bitteren Stunde des EM-Scheiterns wollte es der Bundestrainer nicht verpassen, den beiden EM-Gastgebern zum Abschied zu danken.

„Das Turnier war hervorragend organisiert. Wir haben uns sehr wohlgefühlt“, sagte der Bundestrainer nach der 1:2-Pleite gegen Italien. Die geknickte DFB-Auswahl trat am Freitag den Rückflug in die Heimat an, für Andrea Pirlo, Mario Balotelli & Co. ging es direkt zur Finalstätte nach Kiew.

Was für wiedererstarkte Italiener und Europameister Spanien sportlicher Höhepunkt und Krönung der Titelkämpfe werden soll, stellt für die Organisatoren einen letzten Kraftakt dar. Allen Negativ-Prognosen zum Trotz dürfen UEFA und lokale Turniermacher nach drei EURO-Wochen schon vor dem Endspiel am Sonntag eine so nicht zu erwartende Positiv-Bilanz ziehen.

Das sportliche Niveau der bislang 30 EM-Partien war ansprechend, wenn auch nicht überragend. Fair Play erwies sich bei diesem Turnier nicht als Worthülse. Nur eine Rote Karte und zwei Gelb-Rote Karten verteilten die insgesamt umsichtig auftretenden Schiedsrichter.

Hässliche Szenen und brutale Fouls waren selten zu sehen. Dafür gab es versöhnliche Bilder wie die des im Halbfinale geschlagenen Portugiesen Cristiano Ronaldo im Arm seiner spanischen Kollegen von Real Madrid. Durch das Halbfinal-Aus verpasste es der exzentrische Superstar aber, dieses Turnier zu seinem Turnier zu machen.

Nach schwachem Beginn katapultierte sich „CR7“ mit seinen Toren gegen die Niederlande und Tschechien ins Rampenlicht und hätte sich zum Superstar der EM schießen können. Der wird noch immer gesucht - und könnte am Ende Mario Balotelli heißen.

Sollte der nicht minder exzentrische Deutschland-Schreck auch gegen Spanien treffen und den Italienern sogar zum zweiten EM-Titel nach 1968 verhelfen, dürfte er sich Hoffnungen auf die Auszeichnung des besten EM-Profis machen. Wie auch der nimmermüde Antreiber Andrea Pirlo, der nach dem 2:1 im Halbfinale gegen die DFB-Auswahl zum „Man of the Match“ ausgerufen wurde.

Den alles überragenden Einzelkönner, den über jeden Zweifel erhabenen Superstar, der dieses Turnier prägte, haben die Zuschauer in den acht Stadien aber nicht gesehen. Dafür gab es insgesamt mehr Erlebnis- als Ergebnisfußball.

Dass ausgerechnet das letzte Viertelfinale zwischen England und Italien und das erste Halbfinale zwischen Portugal und Spanien nach 120 Minuten torlos endeten, trübte allerdings ein wenig den Eindruck vom Spaßfußball. Auch einige unübersehbar leere Plätze in den stimmungsvollen Arenen in Warschau, Danzig, Posen, Breslau, Kiew, Donezk, Charkow und Lwiw wollten nicht so recht zum „Alles ausverkauft“-Slogan der Europäischen Fußball-Union UEFA passen.

Dennoch dürfen der europäische Dachverband mit Präsident Michel Platini an der Spitze und die Organisatoren in beiden Ländern erleichtert aufatmen. Selbst nach dem frühen Scheitern beider Gastgeberteams kippte die Stimmung nicht. Platini wird an diesem Samstag bei der obligatorischen Bilanz-Pressekonferenz in Kiew öffentlich sein mit Spannung erwartetes EM-Fazit ziehen.

Schwere Krawalle blieben mit Ausnahme des heiklen Duells zwischen Polen und Russland aus. Grobe Pannen oder Peinlichkeiten haben sich die Ausrichter nicht geleistet. „Die Stadien sind hervorragend, die Atmosphäre in beiden Ländern war beeindruckend“, hatte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach vor dem Halbfinale gegen Italien gesagt und betont: „Man hat das Gefühl, dass auch die Bevölkerung das Turnier mit Herzlichkeit und Gastfreundschaft angenommen hat.“