Deutsches Team Mehr Pech geht nicht mehr

Verletzung — Antonio Rüdiger reißt beim ersten Training das vordere Kreuzband. Jonathan Tah nachnominiert

mre Can (l) kümmert sich nach dem Trainingsunfall um Antonio Rüdiger.

Foto: dpa

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EVIAN. In den letzten Meldungen verlautete, sein Wechsel zum FC Chelsea könnte schneller Realität werden als gedacht. Antonio Rüdiger hat das alles weit von sich gewiesen. „Ich konzentriere mich erst einmal auf das Turnier in Frankreich“, hat er gesagt. Jetzt wird aus beidem nichts. Nichts aus der Premier League. Und nichts aus der Europameisterschaft 2016.

Nach seinem Weggang vom VfB Stuttgart hat sich Rüdigers Karriere unerwartet rasant entwickelt. Sein Wechsel zum AS Rom, anfangs belächelt, hat sich als Glücksgriff erwiesen. Für den 23 Jahre alten gebürtigen Berliner wie auch für den Club in der italienischen Serie A. Bundestrainer Joachim Löw hatte ihn fest in der Innenverteidigung eingeplant. Umso mehr, als Mats Hummels in den ersten Spielen nicht zur Verfügung steht. Alles Makulatur. Antonio Rüdiger will „möglichst schnell zurückkehren“, was man eben so sagt nach einem Kreuzbandriss und gemeinhin eine Pause von sechs Monaten bedeutet. Löw nominierte Jonathan Tah von Bayer Leverkusen nach, den er zunächst nicht für Frankreich berücksichtigen wollte, der aber deshalb nicht aus Löws Radar verschwand.

Die Dinge laufen noch nicht rund beim Weltmeister. Ein normaler Zweikampf zwischen Thomas Müller und Rüdiger im ersten Training in Evian. Rüdiger sinkt zu Boden, bleibt liegen, Müller ruft sofort nach den Mannschaftsärzten. Weil ein Fußballer sofort instinktiv weiß, ob etwas passiert ist oder nicht. Rüdiger wird vom Platz geführt, abends dann die niederschmetternde Diagnose. Und alle wissen sofort, woran das liegt. Überbelastung, zu viele Spiele für Nationalspieler in jungen Jahren, Antonio Rüdiger hat schon beim VfB Stuttgart immer Vollgas gegeben. Eine andere Möglichkeit haben Profis heute auch nicht mehr, wenn es um das große Geld geht. Und Rüdiger war schneller mittendrin im großen Geld. Schneller jedenfalls als alle erwartet haben.

Rom zog die Kaufoption, neun Millionen Euro wandern nach Stuttgart. Wo man sie nach dem Abstieg aus der Bundesliga sehr gut gebrauchen kann. Um möglichst schon nach einer Saison in die Beletage zurückzukehren. Bis 30. Juni 2020 hat sich Rüdiger an den AS Rom gebunden, die Römer planten dem Vernehmen nach aber noch vor Saisonbeginn seine Ausleihe. Seine Karriere begann in Neukölln, die nächste Station war Tasmania Berlin. Elf Länderspiele hat Rüdiger inzwischen absolviert. Sein Marktwert wird auf zwölf Millionen Euro taxiert.

Jonathan Tah ist erst 20 Jahre alt, in Leverkusen hat sich der junge Mann, der vorher bei Fortuna Düsseldorf und beim Hamburger SV unter Vertrag stand, zum Nationalspieler entwickelt. Zuletzt stand er beim 2:3 gegen England im Berliner Olympiastadion Ende März im Aufgebot von Löw. Der Bundestrainer entschied sich bei der Nachnominierung gegen Matthias Ginter und Sebastian Rudy. Vor der Weltmeisterschaft in Brasilien war Shkodran Mustafi für Marco Reus nachnominiert worden, jetzt Tah für Rüdiger.

„Natürlich hat die Verletzung von Toni Rüdiger die Stimmung getrübt, das ist wirklich äußerst unglücklich, er hat sich zuletzt wirklich sehr gut entwickelt, er war in einem sehr guten Formzustand, es tut mir unendlich leid für ihn“, sagte der Bundestrainer in Evian. Löw entschied sich ganz bewusst für einen Innenverteidiger als Ersatz. „Ich wollte das. Jonathan ist seit drei Wochen im Training, er arbeitet sehr professionell und zeigt viel Eigeninitiative. Das ist keiner, der auf der faulen Haut liegt.“