Stark pfeift brisantes Duell - erste Schiri-Schelte

Warschau (dpa) - Für den deutschen Schiedsrichter Wolfgang Stark beginnt die Fußball-EM mit einer heiklen Aufgabe. Der 42 Jahre alte Bankkaufmann aus Ergolding leitet das politisch brisante und sportlich pikante Duell zwischen Co-Gastgeber Polen und Russland.

Den nächsten Auftritt der DFB-Elf am Mittwoch im ukrainischen Charkow gegen die Niederlande pfeift der Schwede Jonas Eriksson. Das teilte die Europäische Fußball-Union UEFA am Sonntagmorgen mit.

Stark wird bei seinem Auftritt im Nationalstadion von Warschau unter besonderer Beobachtung stehen. An gleicher Stelle hatte am Freitagabend sein Kollege Carlos Velasco Carballo ausgerechnet im Eröffnungsspiel zwischen Polen und Griechenland (1:1) mit einem fragwürdigen Platzverweis die erste Mini-Schiedsrichter-Diskussion dieser EM ausgelöst. Nicht nur aus Griechenland erntete der 41 Jahre alte Spanier nach seinem unglücklichen Auftritt harsche Kritik.

Carballo hatte Werder Bremens griechischen Verteidiger Sokratis nach nur 44 Minuten mit Gelb-Rot vom Platz geschickt - eine überharte Entscheidung. „Der Schiedsrichter war miserabel“, schrieb die Zeitung „Kathimerini“. Für „Ta Nea“ stand fest: „Ein gehaltener Elfmeter und der unglaublich schlechte Schiedsrichter haben einen Triumph verhindert.“ Martialisch formulierte es sogar die Zeitung „Goalnews“: „Der Schiedsrichter hat uns in der ersten Halbzeit hingerichtet.“

Auch Wolfsburgs Trainer Felix Magath reihte sich aus der Ferne in den Chor der Schiedsrichterkritiker ein. „Seine erste Gelbe Karte empfand ich schon als hart, die zweite Karte halte ich für absolut falsch. Bei dieser Regelauslegung könnte man streng genommen fast jeden Spieler nach Belieben vom Platz stellen und Spielausgänge in eine willkürliche Bahn bringen, die dann einer Lotterie gleicht“, ereiferte sich Magath am Samstag im Internet-Netzwerk „Facebook“.

Aus den Lagern der Niederländer und Portugiesen war nach den Auftaktniederlagen ebenfalls Schiedsrichter-Schelte zu vernehmen. „Der Schiedsrichter hat uns benachteiligt, aber das ist normal, gegen große Teams bekommt Portugal nie Hilfe“, motzte Stürmer Nani nach dem 0:1 gegen Deutschland in Lwiw - ohne allerdings konkrete Szenen zu nennen. Auch Oranje-Trainer Bert van Marwijk klagte nach dem 0:1 gegen Dänemark über ein - unabsichtliches - dänisches Handspiel kurz vor Schluss. „Da ist uns ein hundertprozentiger Elfmeter verweigert worden“, sagte der ehemalige Dortmunder Bundesliga-Coach.

Die beiden Verlierer-Aussagen dürften allerdings mehr dem aktuellen Frust über die Pleiten geschuldet sein - und dem immensen Druck, unter dem die Holländer nun schon am Mittwoch gegen die DFB-Elf in Charkow und die Portugiesen gegen Dänemark in Lwiw stehen.

Auch das Spiel der Polen hat bereits vorentscheidenden Charakter. Bei einer Niederlage gegen die zum Auftakt bärenstarken siegreichen Russen droht das EM-Aus schon nach der Vorrunde. Dass Stark mit Druck umgehen kann, hat er schon oft genug bewiesen. Nicht nur bei Olympia 2008 und der WM 2010 in Südafrika - sondern jüngst erst wieder beim Skandal-Relegationsspiel zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC.