Vorbild oder tragische Figur: Die Bedeutung der EM-Kapitäne

Montpellier (dpa) - Gianluigi Buffon sprintete nach dem 2:0-Sieg seines Teams zum EM-Auftakt gegen Belgien über den gesamten Platz und herzte seine Mitspieler. Der 38 Jahre alte Torhüter der italienischen Fußball-Nationalmannschaft vereint alle wichtigen Eigenschaften eines Kapitäns.

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Buffon ist ein echter Anführer und Vorbild, hat Erfahrung und Charisma. „Gigi ist ein Champion, ein Vorbild. Er ist immer gut gelaunt, so einen Mitspieler braucht man“, lobte Ciro Immobile.

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Auch die übrigen 23 Mannschaftskapitäne bei der EM sind meist erfahrene Anführer und Leitwölfe, oft auch der Star ihres Teams. So wird etwa Portugals Nationalelf von Superstar Cristiano Ronaldo angeführt. Kaum ein anderes Team ist so von einem Spieler abhängig, das Interesse an ihm drängt alle anderen Spieler an den Rand. Doch im Team ist Ronaldo nicht der egozentrische Superstar, wie Verteidiger Cedric Soares betonte: „Er ist jeden Tag ein fantastisches Beispiel. Er gibt jedem Ratschläge und kümmert sich immer um das Team.“

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Ähnlich ist es bei den Schweden, wo Superstar Zlatan Ibrahimovic die Binde trägt. „Er ist unser bester Spieler, unser Kapitän, unser Anführer“, sagte der Hamburger Albin Ekdal. Der 34 Jahre alte Stürmer wird allseits respektiert, sein Wort zählt. Doch nicht immer ist der beste Spieler auch der Kapitän - so wird etwa Wales National-Team von Ashley Williams angeführt und nicht von Superstar Gareth Bale.

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Bei Deutschlands Vorrunden-Gegner Polen hingegen trägt zwar Superstar Robert Lewandowski die Kapitänsbinde, der Angreifer stellt sich jedoch voll in den Dienst der Mannschaft. Der 27-Jährige vom FC Bayern ist sowohl Führungsfigur als auch Teamplayer. „Polen ist von mir allein nicht abhängig“, sagte der Weltklassestürmer.

Andere Kapitäne wiederum helfen dem Team vor allem durch ihre Anwesenheit und durch ihre Führungsqualitäten. Deutschlands Kapitän Bastian Schweinsteiger etwa ist nach seiner Verletzung fast ohne Spielpraxis, doch für Bundestrainer Joachim Löw ist er unverzichtbar: „Er hat die größte Erfahrung, er hat, was seine Persönlichkeit betrifft, ein hohes Standing in der Mannschaft und bei allen.“

Spaniens Spielführer Iker Casillas hingegen sitzt nur auf der Bank, obwohl er fit ist. Die Binde trägt nun Abwehrspieler Sergio Ramos. Der extrovertierte und auffällig tätowierte Innenverteidiger von Real Madrid gilt längst als Führungsfigur. Erfahrung und Persönlichkeit sind generell wichtige Kriterien für die Wahl des Teamkapitäns. In 17 der 24 EM-Teams ist der Spielführer 30 Jahre oder älter.

Der jüngste Kapitän ist der 25 Jahre alte Eden Hazard. Belgiens Nationalspieler übernahm die Binde nach dem verletzungsbedingten Aus des fünf Jahre älteren Vincent Kompany. „Es ist etwas, wofür ich sehr dankbar bin“, sagte der Offensivspieler. „Auf dem Platz versuche ich, der Boss und ein Beispiel für meine Teamkollegen zu sein.“

Ein Vorbild ist auch Englands Wayne Rooney, der zum ersten Mal als Kapitän in ein Turnier geht. „Das Team in das Turnier zu führen, ist eine große Ehre und ein großer Moment für mich. Ich muss ein gutes Beispiel für andere Spieler sein“, sagte der Offensivspieler von Manchester United. „Er ist ein großartiger Kapitän“, lobte Teamkollege Jack Wilshere. „Ich erinnere mich, dass er mir vor meinem Debüt gesagt hat, dass ich es genießen und relaxen soll.“

Albaniens Kapitän Lorik Cana hingegen wurde am ersten EM-Spieltag zur tragischen Figur. Der 32-Jährige sah im Auftaktspiel gegen die Schweiz nach 36 Minuten die Gelb-Rote Karte. Kritik gab es dafür aber nicht. „Wir sind nicht hier, um uns gegenseitig Vorwürfe zu machen“, sagte der Kölner Mergim Mavraj. „Er hat in seiner Karriere schon viel erlebt. Das wirft ihn nicht um. Das ist kein Problem für ihn.“