Analyse: Rückkehr zur Kaltschnäuzigkeit
Nach dem Pokalspiel müssen einige Baustellen behoben werden — möglichst schnell.
Düsseldorf. Einige Düsseldorfer Fans ließen ihren Frust an Gütersloher Vorgärten aus, zogen pöbelnd durch die Stadt. Andere lieferten sich nach der Pokal-Blamage des Fußball-Zweitligisten auf dem Bahnhofvorplatz Auseinandersetzungen mit der Polizei. Bis die mit sechs Pferden angerückte Reiterstaffel für Ruhe sorgen musste.
Rund drei Stunden nach dem Abpfiff des DFB-Pokalspiels gegen den SC Wiedenbrück waren die meisten Düsseldorfer mit dem letzten Regionalexpress verschwunden, und es kehrte Ruhe ein. Zurück blieben zerstörte Fahrräder, jede Menge Müll und unzählige Scherben. Ähnlich wie in der sportlichen Bilanz, in der Trainer Mike Büskens einiges Zerbrochenes bis kommenden Freitag wieder zusammenkitten muss.
Axel Bellinghausen und Charlison Benschop lieferten sich beinahe ein Kopf-an-Kopf-Rennen im Vergeben bestmöglicher Torchancen. Aber auch ihre Mannschaftskollegen stellten sich entweder nicht clever genug an oder scheiterten am starken Wiedenbrücker Torwart.
Die bedenkliche Quote beim Nutzen der Tormöglichkeiten setzte sich somit aus den ersten zwei Saisonspielen fort — und diesmal war da ein Gegner in Viertligist SC Wiedenbrück, der für eine empfindliche Strafe sorgte. Gegen Energie Cottbus (1:0) war es noch gut gegangen, doch schon beim 1. FC Köln (1:1) waren die Fortunen mit einem blauen Auge davongekommen. Da ist die Rückkehr zur Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor dringend vonnöten.
Stefan Reisinger, zur Halbzeit ausgewechselt, bekannte freimütig: „Heute kann wohl keiner mit seiner Leistung zufrieden sein, das wäre fatal“, als er auf seine eigene Zufriedenheit angesprochen wurde. „Reise“ wusste, dass es keine Glanzvorstellung war. Manager Wolf Werner bezeichnete alle Akteure mit Ausnahme von Torwart Fabian Giefer als Totalausfälle.
Vor allem im Sturm tat das richtig weh. So agil, beweglich und laufstark sich Charlison Benschop einsetzte, so fahrlässig ging er im Pokalspiel mit den sich bietenden Tormöglichkeiten um.
Gerrit Wegkamp, als letzte Hoffnung in der Schlussminute zum dritten Mal in Folge nur eingewechselt, böte sich für eine Veränderung im kommenden Heimspiel am Freitag geradezu an. Denn angesichts der Möglichkeiten sind zwei Tore in 270 Pflichtspielminuten für die Ansprüche der Fortuna zu wenig.
Ein mannschaftlich geordnetes Spiel blitzte am Sonntagnachmittag zu selten hervor. Aus dem Mittelfeld kamen viel zu wenig offensive Impulse. Die Einwechslung von Levan Kenia sollte das nach der Halbzeit verbessern, doch die Wirkung ging im immer stärker werdenden Wiedenbrücker Selbstbewusstsein unter.
Der als Hoffnungsträger geholte Spielgestalter konnte wie schon in Köln nach seiner Einwechslung im Mittelfeld nichts Überzeugendes abliefern. Immerhin kehrte Michael Rensing nach überstandener Magen-Darm-Grippe gestern ins Mannschaftstraining zurück.
Ein „Pflicht“-Sieg in der ersten Pokal-Hauptrunde beim Viertligisten SC Wiedenbrück hätte wohl kaum nennenswert das Selbstvertrauen gesteigert. Umgekehrt zieht so eine Blamage in letzter Minute richtig runter. Die Niederlage steckt in den Knochen, das hat die Fortuna vor drei Jahren selbst erlebt.
Auf das peinliche Pokal-Aus beim damaligen Drittligisten TuS Koblenz folgten sechs Startniederlagen in der Liga. Das kann der Fortuna zumindest nicht mehr passieren, da die Zweitliga-Saison schon zwei Spieltage alt ist. Aber gegen 1860 München kann am Freitag eine deutliche Leistungsverbesserung sicher nicht schaden.