Andreas Lambertz: Fortunas Herz und Gesicht

Andreas Lambertz vollendet im Sommer das zehnte Fortuna-Jahr. Selten war der Kapitän des Zweitligisten wertvoller.

Düsseldorf. Der „alte“ Andreas Lambertz kam gerade rechtzeitig durch. Es erinnerte an seine Anfänge bei der Fortuna, wie er den Ausgleich am Montagabend Millerntor erzielte. Den Ball am Fuß, Haken schlagend, mehrere Gegner hinter sich lassend, mit raumgreifenden Schritten in Richtung gegnerisches Tor.

So einen fulminanten Schuss wie den zum 1:1 gegen St. Pauli hatte „Lumpi“ zwar damals noch nicht. Dafür andere Qualitäten und eine Vereinstreue, die ihresgleichen sucht. Er wäre wohl der erste Profi-Fußballer, der mit seinem Klub aus der Viert- in die Erstklassigkeit aufstiege. Vorausgesetzt, die Fortuna schreibt die Erfolgsgeschichte dieser Zweitliga-Saison weiter.

Wenn der Mannschaftskapitän in diesen Tagen geschickt die Fragen nach Tabellenspitze und Aufstieg umschifft, erzählt er immer auch ein bisschen die Geschichte des Klubs in den vergangenen Jahren, die eng mit seiner eigenen verknüpft ist: „Der Erfolg kommt ja nicht von ungefähr. Wir haben uns das über lange Zeit erarbeitet.“ Und Lambertz war immer dabei. Vor zwei Jahren wählten ihn die Fans in die Jahrhundert-Elf der Fortuna — neben Größen wie Toni Turek und Klaus Allofs.

Vor allem mit seinen erfrischenden Dribbeleinlagen hatte sich der ballsichere Mittelfeldspieler damals in die erste Mannschaft des Klubs gespielt, debütierte 2003 in der Oberliga Nordrhein unter Trainer Massimo Morales und stieg mit der Fortuna in die Regionalliga auf. Dass der finanziell vor dem Ruin stehende Verein Lambertz überhaupt halten konnte, verdankte er dem Engagement des Düsseldorfer Sportpresse-Vereins.

In einer deutschlandweit einmaligen Aktion unterstützten die Journalisten den Klub mit der Organisation des Spiels „Mythos Fortuna“, dem Duell der aktuellen gegen die „Durchmarsch-Mannschaft“ von 1993, aus dem der Gewinn in fünfstelliger Höhe zweckgebunden an den Verein ging. Auftrag: Die Talente Lambertz und Julius Steegmann halten. Letzterer hat es nicht geschafft, Lambertz aber gehört seither zum Stammpersonal, wenn er nicht gerade verletzt oder gesperrt war.

Die Experten zweifelten immer ein wenig, ob „Lumpi“ der nächste Sprung gelingen würde. Regionalliga-Niveau? Vielleicht gerade so. Dritte Liga? Wird schwer für ihn. Zweite Liga? Da muss er sich hinten anstellen. Weit gefehlt: Lambertz biss sich durch, ist im Mittelfeld stets gesetzt. Fortunas-Sport-Geschäftsführer Wolf Werner brachte es einmal auf den Punkt, warum der Kapitän so wichtig ist: „Man merkt es immer dann, wenn Lumpi nicht dabei ist.“

Denn für Lambertz’ Laufleistung muss noch eine Bezeichnung erfunden werden, der 27-Jährige spult etliche Kilometer ab, läuft die Lücken zu, setzt die Gegenspieler in jeder Ecke des Fußballfeldes unter Druck. Demnächst werden sich Werner und der Kapitän zusammensetzen müssen, Lambertz’ Vertrag läuft im Sommer aus.

Dass ihm der Torriecher und die Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor fehle, damit kokettiert „Lumpi“ gerne, wenn er mal wieder ein dickes Ding vergeben hat. Auch das ist eine Mär: Tore hat Lambertz in jeder Saison erzielt. Immer auch wichtige, so wie die zwei nachträglichen Geburtstagsgeschenke in Hamburg.

Denn so ein Abend hätte sicherlich auf seiner Wunschliste gestanden: Seine zwei Tore brachten die Wende im Spiel. Nur zwei Tage nach seinem 27. Geburtstag, zu dem ihm einige treue Fans extra einen Kuchen gebacken und vorbeigebracht hatten. „Den habe ich natürlich geteilt, da hat jeder ein paar Krümel abbekommen“, sagte Lambertz. Vielleicht die entscheidenden Krümel, um auch im elften Saisonspiel ungeschlagen zu bleiben?

Diese Serie — saisonübergreifend 18 Spiele ohne Niederlage — steht am Freitag auf dem Prüfstand, wenn Hansa Rostock in die Arena kommt (18 Uhr). Gefährlich könnte sein, dass nur wenig Zeit bleibt zwischen den zwei Begegnungen in dieser Woche und dem dann folgenden DFB-Pokalspiel gegen 1860 München (2. Runde) am Dienstag (19 Uhr) in der Arena.

„Lumpi“ Lambertz weiß genau, dass seine Geburtstags-Pauli-Party längst wieder Vergangenheit ist: „Wir sollten jetzt bloß nicht denken, dass wir Rostock mal eben im Vorübergehen erledigen.“ Die Erfahrung lehrte ihn Zurückhaltung, zu viel hat er seit seinen Anfängen bei der Fortuna hier schon erlebt.