Fortuna Düsseldorf Florian Neuhaus ist Fortunas neuer Musterschüler
20 Jahre alt, erst wenige Monate da und vielleicht schnell wieder weg. Trotzdem reden alle über Florian Neuhaus. Fast alle.
Düsseldorf. Friedhelm Funkel hat sich eine eiserne Regel gegeben: Er redet nach den Spielen seiner Mannschaft nicht öffentlich über Einzelne. Lob und Tadel gibt es von Angesicht zu Angesicht, nicht über Presse, Funk und Fernsehen.
Das war auch am Samstagnachmittag so. Die Fortuna hatte 2:0 gegen den 1. FC Kaiserslautern gewonnen und damit die Punkte fünf, sechs und sieben der drei Spiele alten Zweitliga-Saison eingefahren. Und weil Mittelfeldspieler Florian Neuhaus dabei erneut eine Hauptrolle gespielt hatte, hätten die anwesenden Reporter zu gern erfahren, was der routinierte Fußballlehrer von der Leistung seines neuen Shootingstars hält. Doch Funkel blieb sich treu und sagte: „Alle haben es gut gemacht, ich bin keiner, der irgendeinen heraushebt.“
Das taten dann andere, Neuhaus’ Mitspieler, die allesamt höchst angetan waren von der starken Leistung des 20-Jährigen. „Einige richtig gute Aktionen“ hatte Oliver Fink gesehen. Und war damit nicht allein. Neuhaus hatte im defensiven Mittelfeld nicht nur zahlreiche Angriffe der Gäste gestoppt und Lücken zugelaufen, er war auch offensiv ein Motor und entschied das Spiel nach 76 Minuten mit seinem herrlichen Fernschuss zum 2:0. Sein zweites Saisontor nach dem Ausgleichtreffer zum Auftakt gegen Braunschweig (2:2).
Bei eben jenem ersten Heimspiel war Neuhaus noch etwas unverhofft zum Einsatz gekommen, weil sich Fink verletzt hatte und vor der Pause raus musste. Bereits da staunte der ein oder andere Beobachter, wie filigran sich der jugendlich wirkende U 20-Nationalspieler über den Rasen bewegt. Nun, zwei Startelf-Einsätze in Bielefeld (Pokal) und gegen Kaiserslautern später, überrascht das niemanden mehr. Wie selbstverständlich fordert er Bälle, spielt kluge Pässe. Gegen Lautern waren es 26, 25 davon kamen an. Dazu schoss er fünf Mal aufs Tor, Bestwert aller Fortunen.
„Gute Orientierung, bleibt ruhig am Ball, Abschlussstark, da wächst etwas heran“, befand Kapitän Fink. Und Abwehrspieler Niko Gießelmann sagte: „Ein sehr ballsicherer Typ, man kann ihn immer anspielen.“ Weil Neuhaus eine Gabe habe, die nur wenige in dem Alter schon so ausgeprägt mitbringen: „Er weiß immer, wo der gegnerische Spieler in seinem Rücken ist.“ Eine Drehung in die falsche Richtung war nicht zu sehen. Ebenso wenig übermütige Dribblings oder Leichtsinnspässe.
Trainer Funkel mag immer wieder betonen, dass es in dieser Saison keine erste Elf gibt, derzeit scheint Neuhaus im Kampf um den Platz auf der Doppelsechs neben Marcel Sobottka aber die Nase vorn zu haben. Spielt er so weiter, dürfte es für den erfahrenen Adam Bodzek schwierig sein, sich den Platz zurückzuerobern.
Damit war vor ein paar Wochen nicht unbedingt zu rechnen. Wahrscheinlich hatte Neuhaus selbst das so nicht erwartet, als er vom dauerkriselnden TSV 1860 München nach Mönchengladbach gewechselt war und von der Borussia gleich an die Fortuna weiterverliehen wurde. „Ich bin hier hergekommen und habe mich als Herausforderer gesehen“, sagte er nun nach dem Kaiserslautern-Spiel. Dass er immer noch einer sei, sagte er nicht. Auch dass er ja eigentlich nur an die Fortuna ausgeliehen ist und nächstes Jahr wieder weg sein könnte, merke er nicht. Er sei vom Rest des Teams vom ersten Tage an „super aufgenommen“ worden, es gebe da „keinen Unterschied, ob geliehen oder gekauft“.
Für die beteiligten Vereine macht das aber sehr wohl einen Unterschied. Gladbach-Manager Max Eberl beobachtet natürlich genau, was sein Talent da auf der anderen Rheinseite so treibt. Und ist höchst erfreut über dessen Entwicklung. Bereits nach dem Braunschweig-Spiel witzelte Eberl, Neuhaus besser direkt zurückzuholen. Nur bald wünscht er sich, dass dem 20-Jährigen mal nichts gelingt: Wenn die Borussia bei der Fortuna im DFB-Pokal vorbeischaut. Es wäre eine besondere Pointe, dieses bislang für alle Beteiligten so gelungenen Leihgeschäfts, wenn Neuhaus dafür sorgt, dass die Gladbacher ausscheiden. Dann würde wohl auch Friedhelm Funkel eine öffentliche Einzelkritik wagen.