Fankolumne mit Friedrich Schacht Fortuna ist mehr als nur Fußballverein

Meinung · Wir wollen an dieser Stelle die Fortuna-Anhänger zu Wort kommen lassen. Heute folgt Friedrich Schacht, bestens bekannt unter anderem als Mit-Organisator der Fanfahrten zu Ipswich Town.

 Friedrich Schacht mit der Zweitliga-Meisterschale.

Friedrich Schacht mit der Zweitliga-Meisterschale.

Foto: Friedrich Schacht

Verbesserungspotentiale gibt es ja immer, auch bei unserer Fortuna. Doch ich möchte voranstellen, dass wir uns in einer gar nicht so schlechten Gesamt-Situation befinden. In unserem eingetragenen Verein, der von seinen Mitgliedern und Fans lebt, ist es einfach, sich einzubringen und Einfluss zu nehmen. Und damit meine ich nicht nur unser aktives und passives Wahlrecht für diverse Vereinsgremien. Jeder von uns hat die Chance, sich zu bewerben. Und es haben ja auch immer wieder Fans geschafft, sich durchzusetzen, wie Tim Greiner-Mai bei den Wahlen zum Aufsichtsrat. Auch durch das Stellen sinnvoller Anträge, wie schon einige Male durch meinen Freund Hajo Kendelbacher, kommen wir weiter.

Auch ich selbst habe schon erfahren, was unserem Verein in dieser Hinsicht alles möglich ist. Seit 2004 bin ich in die Fahrten nach England involviert, die mein bester Freund Ulli Münsterberg erfunden hat. Fortuna hat uns dabei immer bestens unterstützt und pro-aktiv begleitet.

Wenn man möchte, dann kann man auch was in unserem Verein bewegen, und ich möchte bezweifeln, dass so etwas in vielen der höherklassigen „Vereinsunternehmen“ möglich ist. Seit 2016 engagiere ich mich auf Initiative von Tom Koster ehrenamtlich in der AG Fortuna-Geschichte. Die Vereinsgeschichte der Fortuna ist ein besonderes Steckenpferde von mir. Meine Arbeitszeit in meinem Hauptjob habe ich auf vier Tage reduziert, um einmal in der Woche in unserem Archiv in der Arena zu arbeiten. Im Dezember havben wir unser bisher wichtigstes Projekt, die Jubiläumsschrift, abgeschlossen. Wir sind in der AG rund zehn Ehrenamtler mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Wir haben versucht, die Fortuna-Historie in ihrem geschichtlichen Umfeld darzustellen, also nicht nur „eine Lupe auf den Verein zu richten“.

Auch haben wir erst einmal alles bisher Geschriebene erst einmal auf den Prüfstand gestellt und konnten durch intensives Studium der vorhandenen Quellen einige neue Erkenntnisse einbringen, z.B. was die Vorgängervereine, die frühen Fusionen oder die Namensgebung sowie die Verortung der alten Sportplätze des Vereins betrifft. Als Fan die Möglichkeit zu haben, irgendwann in einer offiziellen Vereinspublikation über den Gewinn der Deutschen Meisterschaft zu schreiben – da wurde für mich schon ein kleiner Traum war.

Eine besondere Herausforderung war für uns das Thema „Fortuna im Nationalsozialismus“, das wir in einem eigenen umfassenden Kapitel behandelt haben und wo wir die Unterstützung namhafter Historiker und Historikerinnen erhielten wie z.B. Wolfram Pyta, Markwart Herzog, Sönke Neitzel oder aus dem Düsseldorfer Umfeld Barbara Suchy und Bastian Fleermann von der Mahn- und Gedenkstätte. Solch ein Beitrag war im Fan-Umfeld schon lange gewünscht. Eine Auseinandersetzung mit dieser dunklen Vergangenheit unseres Landes bleibt gerade in der heutigen Zeit besonders wichtig, und das Verhalten der Fortuna-Funktionäre und Spieler war nach unseren Erkenntnissen teilweise beispielgebend.

Fortuna kommt ihrer politischen und sozialen Verantwortung durchaus nach, und darauf können wir alle wirklich stolz sein. Dies alles ist für mich persönlich, in einer Zeit des voll durchkommerzialisierten Fußballs, fast schon wichtiger als die Ligen-Zugehörigkeit. Fortuna sollte ihre Identität, die es im Übrigen auch schon vor gewissen „Identitätsprojekten“ gab, unbedingt beibehalten.

Wir sind Fortuna, mehr als nur ein Fußballverein und nicht 08/15.