„Sein Zuhause möchte man nicht verlassen“ Matchwinner Johannesson kann sich Verbleib bei Fortuna vorstellen
Unterhaching · Den vielleicht emotionalsten Moment des späten Dienstagabends bekommen nur die 8500 Zuschauer mit, die sich auf den Weg in den Sportpark Unterhaching gemacht hatten. Die Fernsehkameras sind da bereits abgeschaltet oder auf die Sponsorenwände gerichtet, vor denen die ersten Field-Interviews laufen.
Fortunas Mannschaft bedankt sich nach dem Einzug ins Achtelfinale des DFB-Pokals derweil bei ihren mitgereisten Fans und präsentiert dabei ein Trikot mit der Nummer 34.
Das Shirt von Nicolas Gavory also, der gar nicht mit in die Münchner Vorstadt gereist war. Aus familiären Gründen, wie Fortuna vorab mitgeteilt hatte. In Unterhaching informierte der Klub dann darüber, dass es einen Trauerfall in Gavorys Familie gibt – und deshalb dachten die Kollegen nach dem hart umkämpften 6:3 nach Verlängerung gegen den Drittliga-Zehnten fest an den Teamkollegen.
„Wir hatten die Extra-Motivation, für Nicolas gewinnen zu wollen“, berichtet Isak Johannesson, der mit seinem Gala-Auftritt nach seiner Einwechslung den Erfolg überhaupt erst möglich gemacht hatte. „Nico hatte eine sehr harte Woche, war sehr traurig. Wir wollten ihm ein bisschen helfen und widmen ihm unsere sechs Tore und den Sieg.“
Bewegende Worte. Und was seine eigene Leistung betraf, schüttelt der 20-Jährige nur den Kopf. „Ich habe diese Woche nur zweimal trainieren können und war vorher doch ziemlich krank. Da habe ich ganz bestimmt nicht erwartet, drei Tore zu schießen und zwei Assists zu geben, als ich auf den Platz ging.“ Zu diesem Zeitpunkt, zu Beginn der zweiten Hälfte, lag Fortuna nach einer äußerst schwachen Vorstellung völlig verdient 0:1 zurück – aber dann kam ja Johannessons großer Auftritt.
Wie oft hat er denn in seiner Fußballer-Laufbahn schon einen Hattrick (wenn auch keinen lupenreinen, da das Hachinger 3:2 dazwischenlag) geschafft? „Niemals“, antwortet er. „Das habe ich noch kein einziges Mal geschafft, und deshalb halte ich das ganz fest in meinen Erinnerungen.“
Und während er das erzählt, hält der Isländer ebenso fest etwas unter seiner Jacke: die Trophäe des „man of the match“, die es im Pokal stets gibt. „Da kann sie keiner klauen.“
Ein Comeback nach einem Leistungstief wollen viele Beobachter nach dem Abpfiff Johannesson gern attestieren, aber das sieht der Isländer ganz anders. „Ich würde nicht sagen, dass ich schlechte Wochen hatte“, sagt er mit Nachdruck. „Ich habe nur zu Beginn sehr starke Spiele gehabt, und da haben die Leute vielleicht gedacht, das ginge immer so. Ich habe trotzdem noch meinen Job gemacht, genau wie Christos (Tzolis, Anm. d. Red.), wir haben viel für das Team gearbeitet. Wir denken nicht immer nur an Tore und Assists.“
Die Riesenprobleme, die Fortuna lange Zeit mit dem Underdog aus Oberbayern hatte, möchte der Matchwinner nicht zu hoch hängen. „Wir fangen uns ziemlich viel ein, auch schon gegen Kaiserslautern“, erklärt er. „Aber so lange wir mehr Tore schießen als der Gegner, gewinnen wir. Und gegen unterklassige Mannschaften ist es oft hart, Hauptsache, wir sind in der nächsten Runde.“
Eine Frage muss da natürlich noch kommen. Johannesson ist ja nur vom FC Kopenhagen ausgeliehen. Bis zum Saisonende, allerdings mit einer Kaufoption.
Wie sieht er selbst nach seiner persönlichen Gala vom Dienstag die Lage? „Ich fühle mich so gut hier, ich fühle mich, als wäre die Mannschaft meine Familie“, versichert der Youngster strahlend. „Alle kümmern sich um mich, um Christos genauso. Wir fühlen uns wie zu Hause, und sein Zuhause möchte man nicht verlassen.“
Dabei blickt er so intensiv in die Runde, als ob er sich versichern wollte, dass auch jeder diese Aussage mitbekommen hat. Fortuna kann also schon einmal anfangen zu rechnen.
Dem Vernehmen nach beträgt die Kaufoption für den isländischen Nationalspieler zwei Millionen Euro. Fast die Hälfte davon, konkret 862 400 Euro Prämie des DFB für den Einzug ins Pokal-Achtelfinale, hat Johannesson am Dienstag nahezu im Alleingang eingespielt.