Deutsch-deutsches Duell 1973, Teil 5 Torhüter macht einen Ausflug in den Zoo
Serie | Leipzig/Düsseldorf · Bei den Uefa-Pokalspielen zwischen Fortuna und Lokomotive Leipzig 1973 war die Überwachung durch die Stasi allgegenwärtig. Doch die Düsseldorfer Spieler fanden in Sachsen Schlupflöcher – teilweise auf kuriose Art.
Im und am Mannschaftshotel „Astoria“, das der Fortuna-Tross an den Tagen rund um die Uefa-Pokalpartie bei Lok Leipzig am 12. Dezember 1973 bewohnte, waren vom Ministerium für Staatssicherheit (MfS) zwölf Mitarbeiter zur Überwachung von Team und Fans eingesetzt. Dies geht aus der Sichtung von 1001 Dokumentenseiten hervor, die die Dienststelle Leipzig des Stasi-Unterlagen-Archivs unseren Autoren in Kopie zur Verfügung stellte.
Der Mannschaft war die permanente Überwachung weitgehend bewusst; das bestätigten auch Gespräche mit Spielern wie unser großes Interview mit Wilfried Woyke und Egon Köhnen. Dennoch überrascht manche Unbekümmertheit, mit der die Akteure damit umgingen.
Training im Leipziger
Bruno-Plache-Stadion
Am Nachmittag der Ankunft am 11. Dezember trainierten sie knapp zwei Stunden lang im Leipziger Bruno-Plache-Stadion. Wartende Fans bekamen Souvenirs geschenkt. Nach Rückkehr ins Hotel beobachtete die Stasi zwei Fortuna-Spieler, die um 17.50 Uhr per Taxi wegfuhren. Ihre weitere Überwachung war nicht möglich. Um Punkt 20 Uhr ging die Mannschaft zu Fuß ins Kino „Capitol“, um sich den Film „Der kleine und der müde Joe“ anzuschauen. Die Stasi kannte vorab die Plätze: Reihe 11, 1 bis 17 und 20 bis 23. „Ca. 15 Schlachtenbummler halten sich in unmittelbarer Nähe auf.“ Fortunas Funktionäre entwischten bis 21 Uhr ihren Beobachtern. Besonders kurios erscheint ein „Ausflug“ am Spieltag ab 13.45 Uhr: Da notierte ein MfS-Mitarbeiter, wie ein F95-Spieler den Leipziger Zoo betrat. Anpfiff der Partie war um 17.30 Uhr. „Da im Gelände fast kein Personenverkehr war, konnte keine direkte Beobachtung geführt werden.“ Der Spieler kehrt erst nach 90 Minuten zurück, 15 Minuten vor Abfahrt des Busses zum Stadion. Fast 50 Jahre später klärte unser Interview die Frage nach der Identität des Spielers: „Das war ich“, sagte Torhüter Woyke lächelnd – er saß allerdings beim Spiel leicht angeschlagen nur auf der Ersatzbank. Der Bus konnte erst 90 Minuten vor Anpfiff abfahren, da Fans ihn umringten. Fortuna verlor am Ende 0:3 und schied aus. Angesichts der Begleitumstände verwundert das nicht: das ständige Gefühl, beschattet zu werden, und ungewohnte Eindrücke im anderen Teil Deutschlands. Obwohl die Stasi die Überwachung lückenlos geplant hatte, konnten ihr jedoch immer wieder einzelne Spieler entwischen. Offenbar entkam die Mannschaft auch der Aufsicht durch die F95-Offiziellen. Anders sind Ausflüge in den Zoo, Taxifahrten durch Leipzig am Vorabend und ein permanentes Kommen und Gehen durch Besuche von Freunden und Bekannten im Hotel nicht zu erklären.