Kolumne: Der alte Mann und das Mehr

Es war ein komisches Gefühl als ich am Dienstagmorgen vom Düsseldorfer Flughafen abgehoben bin. Links unter mir lag im Dunkel die Arena, und in meinen Gedanken spielten sich beim Anblick des Stadions noch einmal die Szenen vom 1:6 der Fortuna gegen Paderborn in Zeitlupe ab.

Matthias Rech berichtet aus dem Trainingslager.

Foto: Melanie Zanin

Das war damals der Anfang vom Ende der kurzen Ära unter Trainer Mike Büskens.

„Mann oh Mann“, dachte ich, „jetzt sitzt du im Flieger nach Südspanien, wo Fortunas Jungs sich unter Palmen auf die Rückrunde vorbereiten, dabei wünschten viele Fans nach den Grottenkicks gegen Paderborn, Aalen und Aue die Kicker mit zwei Medizinbällen auf den Schultern bei Minusgraden in den Grafenberger Wald.“

Aber wir wollen ja nicht nachtragend sein. Schon gar nicht, da im neuen Jahr auch ein neuer Trainer sein Glück versucht. Spätestens als ich in La Manga angekommen war und zwei süße Kätzchen mich am Hotel begrüßten, waren sämtliche Gedanken an Paderborn verflogen. Vielleicht sollte die Fortuna bei Gegentoren in der Arena künftig immer Bilder von süßen Kätzchen auf der Videowand einblenden. Das hebt die Stimmung. Nur gar keine Gegentore zu kassieren, dürfte noch effektiver sein.

Am Trainingsgelände angekommen. Die Sonne scheint. Der FC Ingolstadt spielt zwei Plätze weiter gerade gegen Alianza Lima - die Peruaner werden am Freitag auch gegen die Fortuna antreten - und auf dem Nebenplatz, ein bisschen scheu, aber gut gelaunt, kickt eine Truppe norwegischer Schiedsrichter. Richtig laut ist es aber nur auf dem Grün, das Fortuna beackert. Vorherrschende Trainingssprache ist nicht Rheinisch, sondern Fränkisch.

Trainer Lorenz-Günther Köstner ist verbal omnipräsent. Wenn beim Torschusstraining der Fangzaun zu klein ist, gibt es liebevoll-schadenfrohe Kommentare, wenn bei der Passübung die Genauigkeit fehlt, rollt sich das fränkische „Rrrrrrrr“ des 61-Jährigen zu einer konzentrierten Ansprache. Beim Trainingsspielchen fordert er heiser immer noch „schneller, schneller, schneller“.

Der älteste aktive Cheftrainer im deutschen Profifußball sprüht hier an der spanischen Mittelmeerküste, wo kältescheue Rentner aus dem Norden gerne ihren Winter verbringen, vor Energie. Der „Alte Mann und das Meer“? Ganz sicher nicht. Von Hemingwayschem Anglerlatein und Fischereiromantik keine Spur. Der „alte Mann“ - er möge mir diese Formulierung verzeihen - will mehr.

Hemingways Hauptfigur, verliert am Ende ihren großen Fang. Köstner könnte für die Fortuna einer werden.