Michael Liendl: Der „Alpen-Maradona“ mit einem Traumtor
Auch Benschop trifft beim 2:2 zum Auftakt gegen Braunschweig.
Düsseldorf. In der Fankurve wird er der "Alpen-Maradona" genannt. Warum, das zeigte Michael Liendl am Freitagabend noch einmal der breiteren Öffentlichkeit. Mit einem Traumtor eröffnete der Mittelfeldregisseur der Fortuna die neue Spielzeit in der zweiten Fußball-Bundesliga.
Liendls Kunstschuss aus 22 Metern Entfernung war vor 41.647 Zuschauern in der gut gefüllten Arena der erste Höhepunkt der noch jungfräulichen Saison. Die gewünschte Sicherheit gab das Tor den Mannen von Oliver Reck leider nicht. Am Ende zitterte sich die Fortuna gegen eine spielerisch reifere Eintracht zu einem 2:2 (1:0).
Die Verpflichtung des Österreichers Liendl war zu Beginn des Jahres eine der ersten Amtshandlungen von Helmut Schulte. Besser hätte Fortunas Sportvorstand kaum in die Fußststapfen seines Vorgängers Wolf Werner treten können. Schon in der Rückrunde der vergangenen Saison avancierte Liendl im rot-weißen Trikot schnell zu einem der herausragenden Individualisten im Unterhaus.
Das hatte sich offenbar auch bis nach Braunschweig herumgesprochen. Der Erstliga-Absteiger leistete sich am Freitagabend den Luxus, selbst bei eigenem Ballbesitz einen Bewacher für den Techniker abzustellen. Die Sonderbehandlung für Liendl war vielleicht auch ein Grund für den zunächst etwas verhaltenen Start der Gastgeber.
Zwar war der 28-Jährige vom Anpfiff weg bemüht, das Geschehen auf dem Rasen an sich zu reißen. Doch Liendls Maxime, dem riskanten Pass oft den Vorzug vor dem einfachen Spiel zu geben, zahlte sich in der Anfangsphase nicht aus. Darunter litt auch Landsmann Erwin Hoffer, der im ersten Abschnitt in gewohnter Manier auf Steilpässe seines Teamkollegen lauerte, sich aber aufgrund schlechten Timings öfter im Abseits als in torgefährlichen Situationen befand.
Vielleicht war es auch das nicht wie in den meisten Testspielen reibungslos funktionierende Zusammenspiel mit seinen Nebenleuten, das Liendl nach gut einer halben Stunde dazu veranlasste, der bis dahin an Höhepunkten armen Begegnung mit einer tollen Einzelleistung seinen Stempel aufzudrücken.
Praktisch aus dem Stand zirkelte der Grazer den Ball in virtuoser Manier mit seinem starken linken Fuß in den linken Torwinkel (34.). Die Messlatte für die schönsten Tore der Saison liegt somit bereits auf einer beachtlichen Höhe. Die Hausherren hätten im Anschluss sicher gut daran getan, auf der durch Liendls Geniestreich aufkommenden Euphoriewelle weiter zu reiten.
Stattdessen kam die Fortuna aber erstaunlich passiv aus der Kabine und wurde nach einigen Braunschweiger Chancen mit dem zu diesem Zeitpunkt gerechten Ausgleich durch Ken Reichel bestraft (60.). Das Gegentor hatte auch für Fortunas Spielmacher Folgen, der seinen Platz im Zentrum unmittelbar nach dem 1:1 für Charlison Benschop räumen und auf den linken Flügel ausweichen musste.
Die Maßnahme zahlte sich zunächst insofern schnell aus, als dass Benschop einen Konter über Erwin Hoffer zur erneuten Führung vollendete (65.). Danach war das Feld eigentlich bestellt für einen wie Michael Liendl. Gegen druckvolle Gäste boten sich genügend Räume, die der Österreicher mit scharfem Blick und feinem Fuß Gewinn bringen hätte ausnutzen können.
Doch auf dem linken Flügel war der Mann für den "tödlichen Pass" nicht mehr ausreichend ins Spiel eingebunden. Liendl stellte sich stattdessen in den Dienst der Mannschaft und versuchte gemeinsam mit Heinrich Schmidtgal, seine Seite abzuriegeln. Das gelang weitestgehend,änderte aber nichts am letztlich gerechten 2:2-Ausgleich durch Havard Nielsen (86.). Somit war Liendls Traumtor am Ende nur einen Punkt wert. Eine Augenweide war der Treffer des "Alpen-Maradonas" aber allemal.